Text: David Schnapp
Comeback. Vor einigen Jahren noch kaum denkbar, hat es Fleisch vom Schwein wieder in die Menüs von hochdekorierten Restaurants geschafft. Besondere Rassen wie Turopolje oder Mangaliza und natürlich die spanischen Pata Negra sind bei Küchenchefs beliebt, und bei den Gästen ist ihr Fleisch längst als Zutat mit Charakter akzeptiert.
Teilstück vom Hals. Koch des Jahres Mitja Birlo beispielsweise ist ein erklärter Fan des Pluma vom spanischen Iberico-Schwein: «Seit meiner Zeit in London kenne ich die verschiedenen Iberico-Zuschnitte, und das Pluma finde ich deshalb so gut, weil es nach dem Braten noch Biss hat, aber gleichzeitig sehr zart bleibt.» Das flache Stück mit einem Gewicht von 200 bis 250 Gramm ist ein spezieller Second Cut aus dem Hals des Schweins. «Pluma und Presa sind Teilstücke aus dem Schweinshals, die wegen ihrer hohen Fleischqualität auch einzeln verkauft werden können», erklärt Massimo Trazza, der Chef-Fleischeinkäufer von Spezialitätenhändler Bianchi.
Besondere Qualität. Allerdings könne man diese Zuschnitte nicht von jedem beliebigen Hausschwein verkaufen, «es braucht dafür schon die Güteklasse eines Ibericos», sagt Trazza. Zurzeit hat man bei Bianchi gerade einen Versuch mit 40 Iberico-Sauen aus der Schweiz am Laufen. «Wir erhalten diese Tiere von einem Züchter und sind von der Qualität sehr überzeugt», so der Fleischspezialist. Möglicherweise bahnt sich hier schon der nächste Fleischtrend an – Iberico-Schwein, Made in Switzerland.
60 bis 65 Grad. Für 18-Punkte-Chef Mitja Birlo ist das Pluma auch wegen seiner Vielseitigkeit bei der Zubereitung interessant: «Wir haben es schon auf verschiedenste Arten gegart. Am besten wird es meiner Meinung nach, wenn wir es über Nacht in eine Lake mit Salz und Zucker legen und dann sous-vide unter der Zielkerntemperatur garen, damit das Fett schmelzen kann. Zum Schluss kommt das zimmerwarme Fleisch auf den Holzkohle-Grill und wird während 10 bis 20 Minuten auf eine Kerntemperatur von 60 bis 65 Grad gegart, erklärt der Küchenchef vom «Silver» im 7132 Hotel in Vals. (Grosses Bild oben: Pluma von Mitja Birlo mit Aubergine und Fenchel.)
«Das Pluma bleibt.» Bei Sebastian Zier vom Restaurant Einstein in St. Gallen (18 Punkte) ist das Pluma ebenfalls seit einiger Zeit im Menü. «Vor 15 Jahren habe ich das zum ersten Mal gegessen und mich kürzlich wieder daran erinnert. Weil die Gäste so begeistert waren, bleibt es auf der Karte», sagt Zier. Serviert wird das gute Stück mit Paprika-Chorizo-Ragout und Kartoffelrolle, bei der Zubereitung setzt Zier auf eine Kaskade von Räuchern, Braten, Ruhen (im Hold-o-Mat) und Nachbraten. «Zu Hause würde ich es aber ganz einfach auf dem Grill zubereiten: Zwei Minuten auf jeder Seite scharf anbraten und dann bei niedriger Hitze auf die gewünschte Kerntemperatur ziehen lassen», rät der Küchenchef. Das Schöne am Pluma sei, dass man es fast wie Rindfleisch garen könne, «aber es verzeiht auch viel – zwei, drei Grad mehr Kerntemperatur sind kein Unglück», findet Zier.
Neue Entwicklung. Dass Schweinefleisch Platz in einem Gourmetmenü hat, ist auch für Sebastian Zier eine eher neue Entwicklung. «Als ich vor ein paar Jahren hier angefangen habe, waren die Gäste eher skeptisch. Aber vielleicht haben wir uns in der Zwischenzeit einfach auch das Vertrauen erarbeitet. Die Leute wissen heute, dass ihnen das, was wir servieren, schmecken wird», sagt der 18-Punkte-Koch selbstbewusst.
Fotos: Jennifer Endom, Thomas Buchwalder, Marcus Gyger