Text: Urs Heller I Fotos: Olivia Pulver, HO

Die Familie zieht den Stecker. Eigentlich hat das weltberühmte «Baur au Lac» im Herzen Zürichs, wovon andere Hotels träumen: Chef Maximilian Müller (18 Punkte, zwei Sterne). Weltmeister-Sommelier Marc Almert. Einer der besten Servicebrigaden der Stadt, geleitet von Aurélien Blanc. Gäste, die im «Pavillon» auch im Hochsommer für volles Haus sorgen – und die happigen Preise, ohne mit der Wimper zu zucken, zahlen. Trotzdem zieht die Besitzerfamilie Kracht den Stecker. Das traditionsreichste Gourmetrestaurant der Stadt wird geschlossen, ein neues, durchaus spannendes Foodkonzept wird umgesetzt. Am 1. Januar wird im «Pavillon» (Design: Yves Rochon) noch das Frühstück serviert. Dann ist Schluss. Grosses Bild oben v.l.: Maximilian Müller, Marc Almert, Aurélien Blanc.

Küche des Mittelmeers im Garten. Die Krachts haben mit dem stylischen «Baur’s» einen Volltreffer gelandet: Eine der besten Brasserien der Stadt. Entspannter soll es auch im Signature Restaurant zu und her gehen: Mediterrane Küche ist angesagt. Und vor allem: Das ehemalige «Pavillon» und der traumhafte Garten, eine grüne Oase mitten in der Stadt, verschmelzen zu einer Einheit. Eröffnet wird das neue Restaurant, sofern alles nach Plan läuft, im Juni 2024. Der Name ist noch Familiengeheimnis. Für Küchenchef Maximilian «Max» Müller war’s zuerst ein kleiner Schock: «Ich habe ein Leben lang um Sterne und Punkte gekocht. Aber jetzt ist die Nachricht verdaut, und ich arbeite bereits intensiv an der neuen Karte. Mittelmeer heisst Spanien, Frankreich, Italien – da ist für uns Köche viel möglich.» Viel Seafood, ganze Fische an der Gräte.

Maximilian Müller, Sous-Chef vom Restaurant Pavillon, Hotel Baur au Lac bereitet Swiss Shrimps auf dem Japanischen Grill zu - Wein & Swiss Shrimps - 18. Februar 2020 - Copyright Olivia Pulver Swiss Shrimps, Laurent Eperon, Marc Almert, Baur au Lac, Zürich © Olivia Pulver

Ein Spitzenkoch im  «Baur au Lac»: Maximilian Müller, 18 Punkte, zwei Sterne.

Pasta für Besitzer Andrea Kracht. Chef Müller kriegt kulinarisch alle Freiheiten, das Einkaufsbudget bleibt ungekürzt, seine Brigade wird auf 20 Köche aufgestockt, und Vorgabe gibt es eigentlich nur eine: Pasta für den Boss! Besitzer Andrea Kracht wünscht sich fünf, sechs Pastagerichte auf der neuen Karte. Also verbringt Müller seine nächsten Ferien in Italien und wird auch ein paar italienische Köche ins Team einbauen. Nicht nur «der Max» zieht mit beim neuen Konzept, auch Aurélien Blanc und Marc Almert ziehen mit, werden auch im neuen Restaurant die Stars an der Front sein.

Endspurt im «Pavillon»: Nochmals hingehen! Bis Ende Jahr geben die Teams im «Pavillon» nochmals Vollgas. Fine-Dining auf der Karte, «Grandhotel»-Ballett im Restaurant, mit Clochen, Silberplatten und kompetenten Mitarbeitern. Gourmets sollten dringend reservieren und das letzte Kapitel einer grossen Restaurant-Geschichte miterleben. Highlights bei unserem «letzten Abendmahl» im «Pavillon»: Bei den Amuse-bouches gefiel uns die muntere «Croqueta» am besten, ein Souvenir aus seinen letzten Barcelona-Ferien. Müller tüftelte lang, um den Tapas-Food auf Luxushotelniveau zu hieven und fand schliesslich die Lösung: Serrano-Schinken statt Schweinebacke steckte in der Kugel.

Die «Vichyssoise», die keine ist. «Tomate» hiess der Einstieg in den Neungänger schlicht, aber hinter diesem Sommergericht steckte bei der Suche nach Harmonie harte Arbeit. Die Komponenten: Ein erfrischender Sud. Zitronen-Verveine. Burrata-Schaum. Und gut versteckt ein Hummer-Medaillon. Dann gab’s eine Vichyssoise, die eigentlich keine war, denn vom erwarteten Lauch-/Kartoffelsüppchen war nix zu sehen. Der Chef arbeitet zwar mit dünnen Kartoffelscheiben und Lauch, serviert seine Vichyssoise aber gestockt, als Mousse. Das Beste lag obendrauf: Ein hervorragender Oscietra Kaviar von Prunier, «Séléction Baur au Lac», grosszügig portioniert.

Pavillon

Am 1. Januar wird hier das letzte Frühstück serviert: Restaurant Pavillon.

Max & seine Saucen-Tricks. Der neue Chef kennt alle Saucentricks und weiss, wie man die Gäste mit Garantie glücklich macht: Beurre noisette, Beurre blanc, Vin Jaune. Der Reihe nach: «Nussbutter geht immer», lacht Müller und serviert die Geheimwaffe der Köche zu einem sanft konfierten Brüggli-Saibling. Die Beurre blanc gab’s zu einem St. Petersfisch aus der ersten Einkaufsliga, und sie wurde ordentlich gepimpt: Schnittlauchöl, zitroniger Eukalyptus aus dem eigenen Garten, elegante Streifen von der Schwertmuschel. Und die Vin Jaune-Sauce? Die umschmeichelte Müllers Lieblingsgericht: Milken, zwei Tage in Milch eingelegt, perfekt gebraten, angenehm portioniert, mit Erbsli und Pilzen.

Ragout von der Reh-Stelze. Beim Hauptgang war wie üblich in diesem Haus Fredy von Escher der Hoflieferant. Diesmal war Sommerreh aus Österreich angesagt. Der Rücken war gut, aber nicht sonderlich aufregend. Doch da wurde noch ein zweites Töpfchen eingedeckt: Ragout von der Reh-Stelze, lange geschmort, klein geschnitten, wunderbar im Geschmack. Chefpâtissiere Jessica Müller setzte mit einer spannenden Pfirsich-Trilogie (inkl. Pfirsich-Eistee) den Schlusspunkt. Vegetarier sind hier seit Jahren «gleichberechtigt», kriegen ebenfalls einen aufwändigen Neungänger. Wir probierten die Ravioli mit Eigelb-Füllung (!), Ricotta und Spinat, waren begeistert. - GaultMillau-Rating: 18 Punkte bis Silvester 2023. Dann sehen wir weiter. 

 

www.bauraulac.ch


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