Text: Elsbeth Hobmeier | Fotos: David Birri
Highlights aus zehn Jahren. «Verpipääpelä!» Das war das Motto des Abends. So sagt man im Adelbodner Dialekt, wenn man jemanden verwöhnen möchte. Und verwöhnen, ja, das wollte die Familie Inniger an diesem Dezembersonntagabend ihre Freunde, ihre Stammgäste, ihre Metzger, Winzer und Produzenten, die in Scharen zum Jubiläumsanlass angereist waren. Verwöhnen mit einer Menü-Retrospektive der letzten zehn Jahre. Björn Inniger suchte in seinen alten Speisekarten nach den damaligen Highlights und servierte einen Zander aus dem Murtensee mit Nüssler, Fenchel und Haselnuss nach dem Rezept von 2014. Im nächsten Gang schlug er den Bogen zu 2023 mit einem Saibling an einer leichten Safransauce, gekrönt von Oona Caviar aus Frutigen und frittierten Lauchspänen. Und demonstrierte damit die grosse Entwicklung, die er in den zehn Jahren seit der Eröffnung der «Stuba» im Alpenblick Adelboden als Koch durchlaufen hat. Weitere Höhepunkte: Die Gnocchi aus Albula-Bergkartoffeln mit weissem Trüffel, knuspriger Kalbsmilke und Topinambur. Das rosa Stück Adelbodner Rind mit Chinakohl und karamellisierter Schalotte. Das bildschöne Dessert aus Sigriswiler Birne, Milch und Honig. Grosses Bild oben: Björn Inniger mit Ehefrau Marianne.
«Doch, es passt». Zu jedem Gang der passende Wein! Mehrfach hatten die Innigers probiert und gepröbelt, bis sie die perfekte Mariage zwischen Keller und Küche gefunden hatten. Zu «ihren» Winzern pflegen sie seit vielen Jahren ein enges, vertrauensvolles Verhältnis, das bereits die Eltern Hanni und Fredi Inniger aufgebaut haben. Und so wählten sie zum Zander einen Pinot gris vom Bielersee (Krebs & Steiner), zum Saibling einen Chardonnay von Fromm in Malans und zum Rind öffneten sie gar eine Neun-Liter-Flasche Tessiner Merlot 2013 von Tenimento dell’Ör. Als der elegante Pinot noir Clos de la Perrière 2017 zum Brie de Meaux serviert wurde, weckte diese Kombination eine leichte Nervosität bei seinem Schöpfer Jean-Pierre Kuntzer, der mit seiner Frau Anja unter den Gästen war: «Ich habe die ganze Zeit gezittert, ob der Wein gegen diesen Käse bestehen kann», gestand er. Aber lehnte sich dann erleichtert zurück, nickte Hanni Inniger freudig zu und lobte: «Doch, es passt». Seit sie sich vor über zwanzig Jahren auf seinem Weingut St-Sébaste am Neuenburgersee kennengelernt haben, sind die Kuntzer-Weine ein sicherer Wert auf der Alpenblick-Weinkarte.
Zwei Generationen. Durch den Abend führte amüsant die junge Stefanie Inniger («nein, nicht verwandt, aus einem anderen Adelbodner Inniger-Zweig»). Am Mikrofon entlockte sie Björn Inniger, was er sich 2014 wünschte, als er nach seinen Lehr- und Wanderjahren in den Familienbetrieb eingestiegen ist: «15 GaultMillau-Punkte, als noch weit entfernte Vision!». Heute sind es 17 Punkte. Und ein Michelin-Stern leuchtet ebenfalls über dem «Alpenblick». Mutter Hanni Inniger erzählte, wie schwer der Start bei der Gründung des «Alpenblick» vor nunmehr 36 Jahren war. «Die erste Generation stellte den Betrieb auf die Beine, die zweite hat ihm die Krone aufgesetzt», kommentierte die Moderatorin die Entwicklung der letzten zehn Jahre. Die zweite Generation hat vor zehn Jahren den «Alpenblick» aufgeteilt, in eine Gourmet-Stube und in eine Wirtschaft mit Bistroküche. 2016 ist Björns Ehefrau Marianne eingestiegen. Sie hat der soeben umgestalteten «Stuba» ein modernes Outfit verpasst und betreut als zweifache Mutter auch den Service.
«Hart, aber herzlich». Die Innigers sind mit ihren 17 GaultMillau-Punkten die Nummer 1 in Adelboden und im gesamten Kandertal. «Enorm wichtig für uns alle hier oben, ein Vorbild», sagte denn auch Andi Schranz vom «Hohliebestübli» etwas weiter oben am Berg. Er war einst der allererste Lehrling in der Alpenblick-Küche von Fredi Inniger, «es war hart, aber herzlich», erinnert er sich. Und lobte: «Trotz allem Erfolg ist Björn und mit ihm der ganze Alpenblick bodenständig geblieben. Dafür danken wir ihm.» Ums Danken war es dann auch Björn Inniger: den Gästen, die von weither zum Jubiläumsabend angereist waren; dem Team, das ihn aus vollen Kräften unterstützt; seiner Frau Marianne und den Eltern, ohne deren grossen Einsatz das alles nicht möglich wäre; den Kollegen von den Jeunes Restaurateurs, wo er Austausch und Anregung findet. Wie sagte es der junge Andi Grossen, der dieses Jahr hier seine Kochlehre mit Bravour abgeschlossen hat? «Ein Koch muss Leidenschaft haben. Und muss gewillt sein, viel zu wärchen.»