Text: David Schnapp | Fotos: Caspar Martig
Gärten und Wälder. Die erste Idee entstand vor drei Jahren am Gourmetfestival Epicure in Zürich: Mattias Roock und Sven Wassmer waren sich bei einem kurzen Gespräch schnell einig, dass die Verwandtschaft ihrer Küchenstile so eng sei, dass sich ein so genanntes Four-Hands-Dinner eigentlich anböte. Roock kocht im Swiss Deluxe Hotel Castello del Sole, was der eigene Garten hergibt, Sven Wassmer lässt sich im Grand Resort Bad Ragaz vom Angebot der Felder, Wälder und Wiesen im Alpenraum inspirieren.
«Ping-Pong-Kochen.» Wie viele gute Ideen wurde auch diese zunächst nicht weiterverfolgt, und verflüchtigte sich später in den Corona-Wirren endgültig. Jetzt aber konnte sie unverhofft wieder aufgenommen und doch noch realisiert werden: Für 31 Gäste von Mercedes-Benz veranstalteten die beiden 18-Punkte-Küchenchefs Mattias Roock und Sven Wasser am Sonntag ein «Ping-Pong-Kochen», wie Wassmer es nennt. Roocks Gourmet-Restaurant Locanda Barbarossa blieb für einmal geschlossen. «Wir wollen den Tessiner Gästen bei uns im Garten die bestmögliche Qualität bieten», erklärt «Castello»-General-Manager Simon Jenny, der souverän eine überragende Saison mit Spitzenbelegung abwickelt.
Elektrolimousine im Park. Während die Gäste draussen im weitläufigen Park unter einer riesigen Buche sitzen und unter anderem über die spektakuläre neue Mercedes-Elektrolimousine EQS diskutieren, läuft das Spiel drinnen in der Küche auch ohne grosses Training im Vorfeld überraschend mühelos. «Es ist fast ein Wunder, dass es so gut klappt», sagt Mattias Roock. Man habe sich zwar grob über die Hauptprodukte auf den Tellern abgesprochen, aber dass es am Ende bis auf etwas Senfsaat keine Wiederholungen gegeben habe, sei schon erstaunlich.
Unterschiedliche Stile. Dabei erklären beide Köche, dass sie selten bis nie solche Essen veranstalten. Für Sven Wassmer steht das im «Widerspruch zur Art, wie ich mir ein Menü als Gesamterlebnis vorstelle», und Mattias Roock sagt, «ich habe schlicht zu wenig Zeit, um etwas zu tun, was mir nicht grossen Spass macht.» Dass es hier klappt, hängt vor allem damit zusammen, dass die beiden Köche trotz höchst unterschiedlicher Stile grossen Respekt vor der Arbeit des andern haben, und manche Idee teilen.
Perlhuhn und Kürbis. «Bei uns beiden geht es in der Regel um ein Thema, das variiert wird: Svens Saibling mit geflämmten, gepickelten und anderen Gurken zum Beispiel hat mir gut gefallen. Ich arbeite ganz ähnlich», erklärt Mattias Roock die sonntägliche Harmonie. Er selbst kombiniert zum saftigen Tessiner Perlhuhn mit knuspriger Haut Kürbis in allen möglichen Aggregatszuständen: süss-sauer eingelegt, geräuchert, gebraten, als Kernöl oder als Kürbisstampf mit Quinoa. «Weil wir beide ähnliche Grundüberlegungen anstellen, stimmt dann auch das Gesamtbild des Menüs», fasst Sven Wassmer zusammen.
Gewagter Gang mit Reis. Während Roock Kalbstatar in Zucchini aus seinem Garten hüllt und Zucchini mit Sauerrahm zur Sauce mixt, fordert Sven Wassmer die Gäste mit dem gewagtesten Gang des Tages heraus. Seinen Rettich hat er zuerst geräuchert und dann mit Tessiner Loto-Reis von Terreni alla Maggia gekocht. Der Reis kommt schliesslich als cremige Sauce über das Gemüse, gewürzt wird mit einer fermentierten Sanddorn-Chili-Paste, die eine kantige Schärfe und Säure beisteuert. «Dieses Gericht habe ich noch nie so zubereitet, aber mittlerweile traue ich mich auch mal, einen Gang zu servieren, der mit Herz und aus dem Bauch heraus gekocht ist», sagt Mercedes-Markenbotschafter Wassmer.
Die Gäste bleiben sitzen. Am späteren Nachmittag dann sind beide Köche über den Verlauf des Mittagessens ziemlich froh. «Total stimmig» sei es gewesen, finden beide. Nach Wassmers Klassiker zum Dessert – Milcheis mit Dill-Granité und Fenchelpollen-Meringue – bleiben die Gäste noch lange im Schatten der Buche sitzen, was die beiden Chefs wiederum übereinstimmend als Zeichen der allgemeinen Zufriedenheit deuten.