Fotos: Filip Zuan

Läufer mit «Common Sense». «Es hat etwas Zeit gebraucht, aber es hat sich sehr gut entwickelt», sagt James Baron und wirkt dabei überraschend tiefenentspannt. Denn die Aufgabe, die sich der gebürtige Engländer zusammen mit seiner Frau Natacha gestellt hat, ist anspruchsvoll und braucht Ausdauer. Aber Baron ist Marathonläufer und mit dem ausgestattet, was die Briten «Common Sense» nennen – gesunder Menschenverstand. Eine starke Kombination, die ein Projekt wie die «Krone – Säumerei am Inn» in La Punt auf dem Weg zum Erfolg brauchen kann. Das komplett renovierte historische Gasthaus haben die Barons 2022 übernommen, 18 Hotelzimmer, 23 Angestellte und zwei Restaurantkonzepte – bodenständig im La Stüva, gehoben im La Chavallera – gehören dazu. Bild oben: Natacha und James Baron.

Krone SA$?umerei am Inn, James und Natacha Baron, La Punt, GR, 2025

Mit Liebe zum Detail: im Gourmetrestaurant La Chavallera.

Krone SA$?umerei am Inn, James und Natacha Baron, La Punt, GR, 2025

Historisches Gasthaus: «Krone – Säumerei am Inn» in La Punt.

Krone SA$?umerei am Inn, James und Natacha Baron, La Punt, GR, 2025

«Stüva» für bodenständige Küche: einer der drei Arven-Stuben.

Lockere Note. Aber trotz seines sportlichen Ehrgeizes sagt James Baron, für ihn sei der Weg das Ziel: «Vieles ist ein Prozess, gerade beim Kochen.» Mittlerweile könne die Krone auf eine gute Kundschaft bauen, welche sich die gehobene Hotellerie im Engadin zwar leisten könnten, aber sich wohler fühlen in einer Umgebung persönlicher Gastfreundschaft mit einer lockeren jugendlichen Note. «Die Atmosphäre bei uns soll nicht wie in einem 5-Sterne-Resort wirken, aber qualitativ wollen wir mindestens so gut sein – oder sogar noch besser», sagt der Koch und Gastgeber über seinen Anspruch.

Krone SA$?umerei am Inn, James und Natacha Baron, La Punt, GR, 2025

Kein Leben ohne Küche: Chef James Baron am Pass.

Kürbis mit Saibling, Apfel und fermentierten Kürbispüree

Made in La Punt: Saibling mit Kürbis, Apfel und fermentierten Kürbispüree.

Familiäre Stimmung. Zum Charme des Hauses gehört die familiäre Stimmung, welche Natacha und James Baron einbringen. Während sie im Büro die Reservationen bearbeitet und sich dazwischen immer wieder um die Gäste kümmert, richtet er in der hellblau gestrichenen Küche die Gerichte an, die gleich fotografiert werden sollen. Sohn George verbringt den Tag in der Kinderkrippe, aber die fünfjährige Ariya verbringt den Nachmittag mit den Eltern im Betrieb. Fröhlich plappernd sitzt sie bei Papa auf dem Pass und wechselt mühelos zwischen Englisch, Mundart und Hochdeutsch. Sie könnte sich auch noch auf Romanisch unterhalten, der Schul- und Amtssprache in La Punt Chamues-ch, wie der Ort offiziell heisst.

Auf Abenteuerreise. Natacha Baron wiederum spricht klares Hochdeutsch, die Tochter eines Schweizers und einer Thailänderin hat die ersten acht Jahre ihres Lebens «auf einer Insel ohne Strom und fliessendem Wasser» verbracht, wie sie erzählt. Dann zog sie mit ihrer Mutter nach Deutschland, ihren Mann James lernte sie dann während der Arbeit im Hotel Tannenhof in St. Anton kennen, wo dieser Küchenchef war. Die Barons sind sich kulturelle und sprachliche Wechsel gewohnt, James hatte davor bei Didier de Courten in Sierre nicht nur gekocht, sondern auch Französisch gelernt. Von da ging es erst zu Andreas Caminada nach Fürstenau, und von den österreichischen Alpen aus zog es das Paar später nach Kambodscha und schliesslich Hongkong, wo James Baron 2020 Küchenchef im Landmark Mandarin Oriental wurde – ausgezeichnet mit zwei Michelin-Sternen. Allein, es wurde kein unbeschwertes Abenteuer daraus: «Es war anspruchsvoll als junge Mutter einen Teilzeit-Job zu finden, in Hongkong arbeitet man normalerweise 60 Stunden an sechs Tagen», erzählt Natacha Baron. Irgendwann hatte die heute 33-jährige zwar Arbeit, aber die Corona-Massnahmen sorgten bald für einen dramatischen Verlust an Lebensqualität in der chinesischen Sonderverwaltungszone.

Fischknusperli mit Randenkruste und Meerrettich-Mayo Randen-Praline mit Yuzu-Füllung Rande mit Gambero Rosso Tartelette mit Aal-Mousse und Randen-Mole

Aus dem Gourmet-Menü: Tartelette mit Aal-Mousse und Randen-Mole.

Mandarin Oriental Hong Kong

Zeit für Abenteuer: Hotel Mandarin Oriental in Hongkong.

Fischknusperli mit Randenkruste und Meerrettich-Mayo Randen-Praline mit Yuzu-Füllung Rande mit Gambero Rosso Tartelette mit Aal-Mousse und Randen-Mole

Comfort Food: «Fischknusperli» nach James Baron.

Mut beim Kochen. So ging das Abenteuer im Engadin weiter und die Barons manövrieren mit bewundernswerter Leichtigkeit – oder mindestens können sie es so wirken lassen – zwischen Kindern, Gästen und Mitarbeitern hindurch. «Meistens bin ich um 8 Uhr im Betrieb, um 15 Uhr gehe ich für zwei Stunden nach Hause, um Zeit mit den Kindern verbringen zu können, und um 17 Uhr stehe ich wieder in der Küche», skizziert James seinen Tagesablauf. Er sieht sich immer noch in erster Linie als Koch, «nicht in der Küche zu sein kann ich mir nicht vorstellen», sagt Baron mit seinem charmanten britisch-schweizerdeutschen Akzent. Seine Gerichte bauen auf meist regionalen Produkten, sie sind auf hohem kreativem und handwerklichem Niveau: «Mir ist es wichtig, beim Kochen einen eigenen Weg zu gehen, aber das braucht Mut. Wenn ich essen gehe, fällt mir auf, dass es oft beim Essen an Mut fehlt, etwas Anderes, Eigenes zu machen», so James Baron.

Krone SA$?umerei am Inn, James und Natacha Baron, La Punt, GR, 2025

Eine Zukunft mit Feuer: Im Sommer 2025 soll «Fö e Flamma Dal Barun» als Bäckerei und Bistro eröffnen.

Nächstes Projekt: eine eigene Bäckerei. Zum Job gehört für den leidenschaftlichen Koch aber auch die Rolle des Gastgebers. Er gehe zwar jeden Abend zu den Gästen im Gourmet-Restaurant, aber an einem weniger guten Tag müsse er sich dazu manchmal überwinden, sagt Baron. «Denn wenn ich nicht rausgehe, schimpft Natacha mit mir», fügt er lachend an. «Die Gäste kommen schliesslich wegen ihm», begründet sie ihren sanften Druck. Für die Gäste soll die «Krone» ab dem Sommer noch attraktiver werden. Auf der anderen Strassenseite des Hotels konnte eine Bäckerei übernommen werden, sie wird zurzeit komplett ausgehöhlt und soll danach als «Ort des Feuers» wiedereröffnet werden. «Fö e Flamma dal Barun» heisst das Projekt. Geplant ist ein grosser Holzofen für Sauerteigbrote, dazu eine Beiz. «Ich möchte eine Art Engadiner Grillrestaurant etablieren», sagt James Baron. In der Hauptküche möchte er dann nur noch Gourmetgerichte zubereiten, um das Profil zu schärfen und den Gästen noch mehr zu bieten: Poularde de Bresse, hausgemachte Pasteten oder ein am Tisch zubereitetes Tatar, stellt er sich vor. Darauf kann man sich auf jeden Fall freuen. 


www.krone-lapunt.ch

 

Foto Mandarin Oriental: HO