Text: David Schnapp Fotos: David Biedert

Absage vom «Dolder». Jahrhundertkoch Eckart Witzigmann beginnt das Gespräch mit einer schönen Anekdote: «Als 20-jähriger Koch habe ich mich hier im ‹Dolder› beworben und bekam eine Absage», erzählt er. Beim Gourmetfestival «The Epicure» bestreitet der gebürtige Österreicher den letzten Abend zusammen mit «Ikarus»-Küchenchef Martin Klein und Gastgeber Heiko Nieder – und darf also doch noch im «Dolder» kochen.

 

Optische Anpassungen. Witzigmann, mittlerweile 78 Jahre alt, ist immer noch ein leidenschaftlicher Koch. Auch wenn sein Kollege Klein den Grossteil der Arbeit besorgt, sind es Witzigmanns Gerichte, die an dem Abend serviert werden. «Die Optik wurde natürlich der Zeit angepasst», sagt er. «Aber man hätte sie auch so servieren können, wie sie damals ausgesehen haben.» 1978 eröffnete Witzigmann in München die «Aubergine», die ab 1980 bis zur Schliessung 1995 mit 3 Michelin-Sternen ausgezeichnet worden war – das erste Restaurant Deutschlands mit dieser Note.

Rande mit Stör, Kaviar und Kalbstatar von Eckart Witzigmann und Martin Klein.

Klassiker, sanft modernisiert: Witzigmanns Randenessenz mit Störmousse, Kaviar und Kalbstatar.

«Was passt zusammen?» Am «Epicure»-Abend servieren Witzigmann/Klein zum Beispiel die Kombination aus Rande, Stör und Kaviar, ein Klassiker des grossen Chefs. «Mir war es immer wichtig, dass Gerichte Sinn ergeben, ich habe mich immer gefragt: Was passt zusammen?», sagt Witzigmann. Die traditionelle russische Randensuppe Borschtsch mit Stör und Kaviar ist so ein Gericht, das Sinn ergibt, weil die Zutaten einen geografischen Zusammenhang haben.

 

Witzigmanns erster Wrap! Auch wenn Witzigmann seine Klassiker präsentiert, lebt er nicht in der Vergangenheit. «Ich bin immer noch wissbegierig wie ein Schwamm», versichert er. Gestern habe er auf der Terrasse des «Dolder» seinen ersten Wrap gegessen und seine Freundin habe einen Burger bestellt: «Wenn es gut ist, ist es gut», sagt der neugierige Jahrhundertkoch. «Die Küche hat heute neue Dimensionen erreicht, da gibt es nichts zu diskutieren», sagt Witzigmann.

Eckart Witzigmann in der Küche von Heiko Nieder bei The Epicure.

Strenger Chef: Eckart Witzigmann prüft die Rehrücken in Heiko Nieders Küche.

Kalbsbries sous-vide. Gerade kürzlich habe er bei einem skandinavischen Gastkoch  gelernt, wie man Kalbsbries sous-vide sanft pochiere. «Das möchte ich demnächst mal bei meinem Kalbsbries Rumohr versuchen», sagt er mit einer Mischung aus Ernsthaftigkeit und fast kindlicher Freude. Das Kalbsbries Rumohr gilt als Klassiker der Nouvelle Cuisine, Witzigmann servierte es 1978 erstmals: Kalbsbries wird mit Trüffel, Madeira, Lauch und Gänseleber in Strudelteig gebacken.

 

Rouennaiser Sauce aus dem Thermomix. Die Gäste beim letzten «The Epicure»-Abend bekommen allerdings einen anderen Klassiker serviert: Rehrücken an Rouennaiser Sauce. Martin Klein hat den Wildjus mit schwarzer Schokolade, Gänseleber, Rehblut und etwas Himbeeressig im Thermomix (!) gemixt und ruft jetzt «den Chef» in die Küche zum Probieren. Eckart Wizigmann ist zufrieden, «vielleicht etwas mehr Salz?», fragt er. Dann lässt er sich davon überzeugen, dass die Sauce perfekt ist, wie sie ist. «Kochen ist wie ein angenehmer Virus, den du nicht loskriegst», sagt er zum Schluss.