Fotos: Adrian Ehrbar
Vereinigung mit Zugkraft. Seit Guy Ravet Präsident von Grandes Tables Suisses ist, hat die traditionsreiche Vereinigung von Küchenchefs wieder ziemlich Zugkraft. Neue Partner wie Mercedes-Benz und viele der begabten Küchenchefs einer neuen Generation konnte Ravet in den letzten Jahren zum exklusiven Club holen, gleich zwölf neue Mitglieder werden beim Jahrestreffen am Sonntag vorgestellt: Martin Göschel (The Alpina Gstaad, 18 Punkte), Markus Arnold («Steinhalle», Bern, 17 Punkte), Christian Aeby («Du Bourg», Biel, 17 Punkte) Ivan Baretti («Tosca», Genf, 16 Punkte), Paolo Casanova (Chesa Stüva Colani, Madulain, 17 Punkte), Gerardo Metta («La Dispensa», Neuenburg, 15 Punkte), Dietmar Sawyere («Kreuz», Dallenwil, 16 Punkte), Marco Campanella («La Brezza», Ascona, 18 Punkte); Marco Badalucci («Badalucci», Lugano, 16 Punkte), Philippe Deslarzes («Njørden», Aubonne, 16 Punkte), Marco Ortolani (La Réserve Eden au Lac, Zürich, 16 Punkte) sowie die «Twins» aus Andermatt, Fabio Toffolon und Dominik Sato (The Japanese Restaurant im The Chedi, 17 Punkte).
«Cooler Club.» Stellvertretend für seine Kollegen begründet Markus Arnold den Beitritt zu den Grandes Tables auf einleuchtende Art: «Das ist ein cooler Club geworden und die Mitgliederbeiträge werden sinnvoll eingesetzt, um Werbung für die Köche ihre Restaurants zu machen», so der Berner Gastro-Unternehmer. Er sei vor der Wiedereröffnung seines «Casual Dining»-Konzepts in der «Steinhalle» etwas aufgeregt, gibt Arnold dann noch zu, aber das Menü unter dem Titel «S(e)oul Food» stehe und die Reservationskurve schlage stark nach oben aus. Ganz entspannt war hingegen Martin Dalsass («Talvo», St. Moritz), der mit seiner Frau und Nachfolger Kevin Fernandez auf den Bürgenstock gekommen ist, und vor seiner letzten Sommersaison steht: «Ich mache keine grossen Pläne für die Zeit nach dem kommenden Oktober. Durch den Saison-Betrieb habe ich genügend freie Zeit und brauche keine Ferien», so der 18-Punkte-Chef.
Keine Sorgen. Gute Laune ist bei allen Köchinnen und Köche auszumachen. Und auch wenn die Personalsuche oder die teilweise auf die Konjunktur drückende Weltlage hätten Gesprächsstoff sein können, stellt Präsident Guy Ravet zu seiner eigenen Überraschung fest, dass «Sorgen heute kein Thema sind». «Seit Covid ist die Stimmung unter unseren Leuten sehr positiv, und dass sich 170 Mitglieder für das Jahrestreffen angemeldet haben, ist für mich als Präsident grossartig. Ursprünglich waren 60 Zimmer für die Übernachtung im Bürgenstock Resort vorgesehen, am Ende habe es wegen der vielen Anmeldungen 91 Zimmer gebraucht. Nur bei Stefan Jäckel («La Rôtisserie», Storchen Zürich, 17 Punkte) mischt sich zur positiven Grundstimmung auch etwas Nervosität – allerdings aus einem erfreulichen Grund: «Meine Partnerin und ich erwarten unser erstes Kind. In zwei Tagen ist der Termin, deshalb bin ich immer in Alarmbereitschaft», erzählt der Koch.
Glacewagen und Gastköche. Für den grosszügigen Rahmen und beste (kulinarische) Unterhaltung sind der neue General Manager im Resort, Chris Franzen («Ich bin erst seit einem Monat hier, mir geht es ausgezeichnet!»), und Culinary Director Mike Wehrle verantwortlich. Wehrle inszeniert mit einer beeindruckenden Infrastruktur und viel Manpower eine Art Mini-Gourmet-Festival– Glacewagen, Foodstände und Gastköche inklusive. Und für den gemeinsamen Brunch am Montag nach der grossen Party hatte sich GaultMillaus Patissier des Jahres, Damian Carini, vom Kult-Zeichentrickfilm «Ratatouille» inspirieren lassen: Cheesecakes als Käsestücke oder die Ratte Remy aus Schokolade und Marzipan waren in tagelanger Feinarbeit für das Buffett hergestellt worden. «Wir wollen uns bei der Creme de la Creme der Schweizer Köche im besten Licht präsentieren», sagt Mike Wehrle über die 25 Chefs, die für den Anlass im Einsatz sind.
Spargel, Kabeljau, Ravioli. Während Wehrle die erstaunliche Vielfalt seiner seinen Küchen präsentieren konnte – unter anderem Sellerie-Pastrami, Bœuf bourguignon, Schweinebauch mit scharfer Thai-Basilikum-Sauce oder Maki-Rollen – brachten Starchefs aus der Region typische Gerichte aus ihren Restaurants zum Jahrestreffen mit der beeindruckenden Weitsicht mit: Dominik Hartmann («Magdalena», Rickenbach, 17 Punkte) hatte schon am Nachmittag seine Hollandaise-Espuma zu den sous-vide gegarten und gebratenen weissen Spargelstücken warm gestellt. Patrick Mahler («Focus Atelier», Vitznau, 18 Punkte) setzt auf Kabeljau: «Wir haben ihn gestern gebeizt und dämpfen ihn heute bei 64 Grad, dann ist er perfekt. Das ist ein dankbarer Fisch für einen solchen Anlass.» Überraschend viele Handgriffe für ihr Gericht benötigte Michèle Meier («Lucide», Luzern, 16 Punkte). «Wir betreiben hier sogar noch mehr Aufwand als bei uns im Restaurant», sagt die Köchin lachend. Das Ergebnis sind hübsch gefaltete Ravioli mit aromatischer Alpsteinpoulet-Füllung, frischen Erbsen und einer komplexen Sauce auf Geflügelfond-Basis mit Miso, Limette, Erbsen und Kichererbsen. Nach dem Essen zieht es viele Köchinnen und Köche mit einem Glas Laurent-Perrier hinaus auf die Terrasse – die gute Laune bleibt bis in die Nacht.