Text: Patrick Morier-Genoud Fotos: Sedrik Nemeth
650 Sorten in der «Villa»! Wer sich aber intensiv mit den Walliser Weinen beschäftigen will, für den ist ein Besuch des Château de Villa in Sierre unumgänglich. Die Vinothek des Schlosses ist die Schatzkammer des Walliser Weins. Nicht weniger als 650 verschiedene Sorten, die Zeugnis vom Wissen von 110 Kellermeistern ablegen. Jede Woche sind acht Weine in Flaschenqualität von vier Produzenten im Fokus. Ebenfalls testen können die Gäste Branntweine aus Walliser Produktion, teilweise gar mit Jahrgangsbezeichnung.
Ein Franzose im Wallis. Max Pochart ist der Sommelier der Vinothek. Er ist zwar Franzose, hat sich aber in die Walliser Weine verliebt. Diese Liebe geht so weit, dass er zu seinen Besuchen in Frankreich mit Flaschen aus dem Wallis anreist. Mit Petite Arvine, Fendant, Humagne, Cornalin, Syrah, Johannisberg, Heida, Pinot oder Durize. «Das Wallis ist weltweit einzigartig», erklärt Pochart. «Hier findet man über 100 verschiedene Rebsorten.» 54 davon tragen das Ursprungslabel AOC (Appellation d’Origine Contrôlée). Pochart weiter: «Zwar sind einige der Rebsorten sehr selten und werden nur auf kleinen Parzellen angebaut. Aber eine solche Diversität an Sorten ist wirklich aussergewöhnlich.»
Das Mikroklima von Vispereterminen. Das Wallis profitiert von perfekten klimatischen Bedingungen. Max Pochart: «Wir können alles anbauen, für jede Sorte gibt es einen perfekten Platz.» Im Chablais im Unterwallis wirkt das Klima des Genfersees ausgleichend. Das Mittelwallis ist sehr trocken und hat mehr Sonnenstunden als die Mittelmeerstadt Algier! Das Oberwallis wiederum profitiert vom hochalpinen Klima. «Nicht zu vergessen auch die Standorte mit Mikroklima wie der Ort Visperterminen, wo der europaweit am höchsten gelegene Weinberg liegt», so Pochart. «Eine fantastische Diversität auf knapp 50 Kilometer Länge.»
Completer aus dem Wallis. Auch im Wallis übernehmen junge, gut ausgebildete Winzer so langsam das Kommando, packen neue Herausforderungen an. Pochart: «Sie achten auf das jeweilige Terroir und suchen sich die genau dazu passende Rebsorte aus.» Der erfahrene Sommelier Pochart ist überzeugt, dass eine neue Rebsorte Einzug halten wird: der Completer. Diese Sorte ist eigentlich alt, wurde aber lange nicht mehr angebaut, da sie zu viel Säure aufwies. Durch Selektion ist aus der ursprünglich aus dem Wallis stammenden Rebsorte nun eine Rebe entstanden, die heute vor allem im Bündnerland angebaut wird. «Die Traube ist kraftvoll, hat eine angenehme Säure und ist gehaltvoll. Durch den Klimawandel werden wir Rebsorten dieser Art brauchen», ist Pochart überzeugt. Einige Winzer wie Marie-Thérèse Chappaz oder die Kellerei Clos de Tsampéhro haben sie schon angebaut.