Text: Stephan Thomas Fotos: Lea Kloios

Intuition statt Plan. «Ich mache keinen Plan. Ich kreiere Weine aus dem Moment heraus. Wenn ich mich hinsetzte und etwas mit dem Kopf aufgleisen will, funktioniert es nicht». Das sind neue Töne im Schweizer Weinbau. So furios wie dieses Statement sind auch Anne-Claire Schotts Weine. Naturweine und Orange Wines spielen in ihrem Sortiment eine grosse Rolle. Aber nicht nur. Den Chasselas gibt es neben der Orange-Version auch in einer ganz senkrechten, traditionellen Variante. «Ein bisschen Klassik muss auch sein.» Für ihre Kreativität nimmt Anne-Claire manchmal volles Risiko. «Jedes Jahr missrät mir ein Fass. Aber ich lerne von keinem so viel wie von diesem.»

 

Kunst an der Flasche. Anne-Claire Schott ist der Farbtupfer in der Schweizer Weinlandschaft. Nicht nur wegen den Weinen, sondern ebenso wegen den Etiketten und der Vermarktung. Kunst auf die Etikette bringen wollen viele. Aber niemand tut das so kompetent wie Anne-Claire. Nicht umsonst hat sie vor ihrer Winzerinnenkarriere Kunstgeschichte studiert. Die Etikette ihres Sauvignon Blanc Orange ist dafür beispielhaft. «Sie kostet mich ein Vermögen. Zuerst habe ich dem Künstler das Bild abgekauft. Dann lasse ich im Siebdruckverfahren auf teures Arches-Papier drucken, um den Glanz hinzubekommen. Mein Drucker ist ein Star, arbeitet auch für die grossen Pariser Modehäuser. Aber ich hatte keine Wahl - ich wollte die kosmische Energie dieses tiefen Schwarz auf der Flasche haben.»

 

Diskussionsstoff. Wir sitzen im Verkostungsraum im historischen Kern von Twann und dürfen allerhand probieren. Etwa den Chardonnay. Seine Basis ist klassisch, er erhält aber dank 20 Prozent orange gekeltertem Wein zusätzliche Breite und Tiefe. «Meine Weine polarisieren manchmal, starten Diskussionen. Man spürt darin das Leben. Ich will mit ihnen eine Tür auftun, aber die Leute müssen selber durch. Die Weine dürfen keine önologischen Fehler haben, müssen ansonsten aber nicht perfekt sein.»

 

Auch den Vater überzeugt. Wie geht die ältere Generation mit Anne-Claires Innovationen um? «Das hat nichts mit dem Alter zu tun, nur mit der Einstellung. Der erste Weinhändler, der sich für mich stark gemacht hat, ist über siebzig.» Und wie sieht das ihr Vater, der immerhin das Weingut Schott aufgebaut hat? «Er war anfänglich schon skeptisch, als ich aus den besten Lagen Naturweine und Orange Wines gemacht habe. Aber er hat immer davon probieren müssen. Heute mag er sie sogar. Er pflegt zu sagen: Naturweine habe ich gern. Aber nur Deine!»

 

Das liegt im Keller: Chasselas Orange 2019 (Naturwein), Chardonnay 2019, «Mon vieux Pinot Noir 2019» (Naturwein)

 

«Coup de coeur»: Aroma der Landschaft/Blanc (Orange wine)

 

Drei GaultMillau-Chefs mit Schott-Weinen: Marc Joshua Engel im «Aux trois Amis» Schernelz (15 Punkte). Carlos Navarro im «Rechberg» Zürich (15 Punkte). Didi Bruna im «Didi's Frieden» Zürich (15 Punkte)

 

Das passt zusammen: Chasselas Orange zu geschmortem Chicorée mit Baumnuss und Apfel

 

>> www.schottweine.ch