Text: Siméon Calame Fotos: Olivier Maire
Von einem Tag auf den andern. «Es war Liebe auf den ersten Blick», gesteht Marie-Thérèse Chappaz, wenn man sie nach ihren Anfängen mit der Biodynamie fragt. Heute ist die Winzerin in Fully bekannt und anerkannt für ihren Erfolg mit dieser Methode - aber sie hat nicht immer so gearbeitet. 1988 vinifizierte sie ihren allerersten Wein aus dem familieneigenen Rebberg. Doch erst 1997 entschied sie von einem Tag auf den andern, sich in dieses Abenteuer zu stürzen. Ausschlaggebend war ein Besuch bei einem Spezialisten der Biodynamie in Frankreich. «Die Philosophie, die dahinter steht, berührt mich stark», betont sie. Und erzählt als Anekdote, wie sie, um die Helikopterflüge mit Pestiziden von ihren Reben entfernt zu halten, ihren Nachbarn anerbot, diese Spritzarbeiten in ihren Rebbergen zu übernehmen - aber von Hand. 2003 erhielt ihr gesamtes Weingut das Zertifikat der Biodynamie.
Die Magie der Rebhänge. Heute ist das anfänglich nur 1,5 Hektaren umfassende Gut von Marie-Thérèse Chappaz auf respektable 13 Hektaren angewachsen. «Nach und nach konnte ich einige weitere Parzellen erwerben», erklärt sie, «fast die Hälfte davon ist nicht per Fahrzeug zu erreichen. Ein schwieriges, aber magisches Gelände!». Deswegen bearbeitet ihr Team die Rebberge mit Einsatz von Pferden, und zwar auf rund 80 Prozent der gesamten Fläche. Auch die Vielzahl der Rebsorten trägt viel zum Erfolg der Wein-Künstlerin Chappaz bei. «Die Walliser lieben verrückte Sachen. Und ich bin in dieser Hinsicht eine typische Walliserin», lacht sie. Die unterschiedlichen Terroirs ihrer Region, die verschiedenen Methoden der Rebpflege und der Vinifikation würden phänomenale Möglichkeiten eröffnen, meint sie.
Uralte Reben. Die «Ikone des Schweizer Weins», zu welcher GaultMillau und SwissWine Marie-Thérèse Chappaz 2015 erkoren haben, weiss diese Möglichkeiten aufs Beste zu nutzen. Für die weisse Assemblage Grain Cinq werden zum Beispiel alle fünf Traubensorten am selben Tag geerntet und dann miteinander vinifiziert, «so erreichen wir einen optimalen Ausdruck des Terroirs und mehr Komplexität». Ihr klassischer und leicht perlender Fendant mit Aromen von weissen Blüten ist besonders beliebt als Apéritifwein. Sehr viel opulenter ist der weisse Ermitage aus rund hundertjährigen Rebstöcken, einer der Lieblinge der Winzerin, die lächelnd meint: «Schon nur diese wenigen Beispiele zeigen die riesige Spanne an Gefühlen, die ein Wein auslösen kann. Wenn er dann noch auf einem herrlichen Terroir gewachsen ist, ist er nicht einfach irgendein Getränk, sondern ein absoluter Genuss….».
Das liegt im Keller: Weiss: Fendant La Liaudisaz, Fendant Côteaux de Plamont, Fendant de Plamont Barrique, Petite Arvine Grain Arvine, Grain Ermitage Président Troillet, Grain Cinq (Ermitage, Païen, Petite Arvine, Pinot blanc und Sylvaner), Assemblage Blanc sec (Muscat und Sylvaner).
Rot: Gamay, Humagne rouge, Pinot noir Les Dahrres, Pinot noir Chamoson, Pinot noir Les Esserts, Pinot noir Charrat, Pinot noir Champ Dury, Grain Syrah, Dôle La Liaudisaz (Gamay und Pinot noir), Petit Nature (Gamaret, Gamay und Pinot noir), Grain Nature Champ Dury (Gamay und Pinot noir), La Petite Grange (Cabernet franc, Diolinoir, Gallota, Gamaret, Gamay und Pinot noir), Grain Noir La Liaudisaz (Cabernet franc, Cabernet sauvignon und Merlot).
Coup de Coeur: «Die Petite Arvine aus dem grossen Holzfass. Langsam nähere ich mich meinen Vorstellungen für diesen Wein an, das macht Freude».
Das passt zusammen: «Ein gut gewürztes Poulet mit einem Grain Noble ist absolut köstlich».
Drei GaultMillau-Chefs mit Chappaz-Weinen: Franck Giovannini im Restaurant de l’Hôtel de Ville in Crissier (19 Punkte), Franck Reynaud im L’Ours de l’Hostellerie du Pas de l’Ours in Crans-Montana (18 Punkte) und Franck Pelux von La Table du Lausanne Palace in Lausanne (16 Punkte).