Text: Stephan Thomas Fotos: Troy Rodger

Loslassen können. «Ich habe keine Ahnung vom Weinmachen. Der Wein macht alles selber. Ich mache nichts.» Das ist Michael Broger, wie er leibt und lebt. So schlimm kann es allerdings nicht sein mit der Ahnungslosigkeit. Sonst würden sich die Fans nicht seine Flaschen aus der Hand reissen. Was der Thurgauer sagen will: Man muss einen Wein loslassen können. «Deshalb probiere ich auch meine Weine in der ersten Ausbauphase nur selten. Ich könnte sonst in Aktionismus verfallen. Viele kleine Eigenwilligkeiten begradigen sich nämlich von selber. Auch abends oder mit Freunden trinke ich kaum eigene Weine. Ich wäre nicht entspannt. Es würde dauernd im Kopf rattern.»

 

Broger-dynamisch. So spricht ein Naturwinzer. Dazu passt auch, dass er seine Weine nur mir Hefen aus dem eigenen Rebberg vergärt. Auf Bio- und Biodynamie-Labels verzichtet Michael Broger aber. Der Verwaltungsaufwand wäre ihm zu gross. Stattdessen kennzeichnet er seine schwefelfreie Linie augenzwinkernd als broger-dynamisch. Diese Blauburgunder - Michael verwendet aus Prinzip nur deutsche Namen - sind enorm trinkig. Beim Blauburgunder Alte Rebe 2018 fragen wir uns: hat der Holz gesehen? Ein bisschen vielleicht? «100 Prozent Neuholz», verrät Michael. Das ist kaum zu fassen. So gut integriert, so völlig frei von Eichenholzaroma haben wir noch keinen jungen Barriquewein gesehen. Auch Brogers Design-Etiketten sind Kult.

 

Vom Weltenbummler zum Erfolgswinzer. Brogers Lagen stehen am Ottoberg bei Weinfelden, nur einen guten Steinwurf vom weitherum bekannten Schlossgut Bachtobel. Auch er hatte zuvor in dem herrschaftlichen Vorzeigebetrieb gearbeitet. 2002 hat sich der gelernte Weintechnologe und Weltenbummler dann selbständig gemacht. Hat ein Haus aus dem 18. Jahrhundert gekauft und sukzessive ausbauen lassen. Expansionsmöglichkeiten: Null. Es kann nirgendwo angebaut werden. So bleibt es denn bei den gut drei Hektaren Rebland. Michael ist das recht. Auch wenn er etwas mehr Wein verkaufen könnte, als er hat.

 

Frühreifer Nachwuchs. Michael, Jahrgang 1970, ist noch zu jung, um an seine Pensionierung zu denken. Sollte das einmal aktuell werden, steht Junior Mael in den Startlöchern. Mael kann schon heute seinen ersten Wein präsentieren. Er hat ihn selber gelesen, gekeltert und abgefüllt, auch die Etikette gestaltet. Kleines, aber nicht unwesentliches Detail dabei: Mael ist gerade mal elf Jahre alt.

 

Das liegt im Keller: Blauburgunder Ottenberg Alte Rebe. Müller-Thurgau. Weissherbst.

 

«Coup de coeur»: Blauburgunder Weinfelden broger-dynamisch 2010

 

Drei GaultMillau-Chefs mit Broger-Weinen: Jonathan Letexier im «L'Artichaut» in Carouge, GE (15 Punkte). Markus Schenk im «Corso» St. Gallen (15 Punkte).  Carlos Navarro im «Rechberg», Zürich (15 Punkte).

 

Das passt zusammen: Weissherbst mit Gemüsecurry, Hackbällchen von den eigenen Wollschweinen und Klebreis

 

>> www.broger-weinbau.ch