Interview: Stephan Thomas

Was kann man in der Bündner Herrschaft von der neuen Ernte erwarten? 

Die Ernte war sehr gut. Wir hatten etwas Ausfälle, dürfen aber nicht klagen, andere hatten nur 20 Prozent des gewohnten Ertrags. Die Qualität ist bei Rot wie Weiss sehr gut. Ein spannender Jahrgang.
 

Bündner Herrschaft, Rebberge © HO via Heidiland Tourismus, Bilddatenbank Fotograf + Heidiland erwähnen

Das Burgund der Schweiz: Hervorragende Reben, hervorragende Winzer in der Bündner Herrschaft.

Sie sind der Mann der vielen Projekte und Pläne. What's next? 

Ich arbeite daran, qualitativ noch besser zu werden. Dafür werden wir den Ertrag noch etwas reduzieren und haben deshalb zwei kleinere Parzellen abgestossen. Vor allem wollen wir den Schweizer Wein international noch besser positionieren. Wir wollen um das Renommée der Schweiz als Erzeugerin von Weltklasseweinen kämpfen. Dass die Mengen, die wir anzubieten haben, sehr klein sind, macht die Sache nicht einfacher. Ich will deswegen weitere Schweizer Betriebe ermutigen, sich künftig verstärkt im Ausland sichtbar zu machen.
 

Was essen Sie am liebsten zu Ihrem Pinot Noir? 

Ich fokussiere gerne auf den Wein. So gesehen reicht mir oft ein Plättchen mit Käse und Wurstwaren. Im Restaurant entscheide ich mich selten für die Weinbegleitung. Lieber je eine Flasche Chardonnay und Pinot, die sind generell anpassungsfähig. Essen kann auch vom Wein ablenken. Ideal ist es, wenn sich beide Elemente zu etwas Höherem aufschaukeln.
 

Completer ist Ihre zweite Leidenschaft. Erleben wir eigentlich gerade einen Completer-Boom? 

Wir dürfen von uns sagen, die Sorte wiederentdeckt zu haben. 1993, als wir anfingen, war sie praktisch vergessen. Spannend ist heute die stilistische Vielfalt, mit der Completer interpretiert wird. Die Menge ist nach wie vor sehr beschränkt. Wir bewirtschaften 60 Aren, erhöhen demnächst auf 80. Als neulich das Kultlokal «Alchemist» in Kopenhagen 120 Flaschen für die «Exklusiv»-Weinbegleitung bestellen wollte, musste ich absagen. Ich hatte schlicht nicht mehr so viel. Der Completer ist eine Sorte, die erklärt und vermittelt werden muss. Im Laden halten sich die Leute, Kenner ausgenommen, eher an Sorten wie Chardonnay, die sie bereits kennen.

 

Sven On Tour, Sven Wassmer, Mercedes-Benz, Bünder Herrschaft, Martin Donatsch

Begehrte Fässer! Ein Blick in den Keller der Domaine Donatsch. 

Sven On Tour, Sven Wassmer, Mercedes-Benz, Bünder Herrschaft, Martin Donatsch

Martin Donatsch: «Wir müssen unsere Weine auch im Ausland zeigen.»

Sven On Tour, Sven Wassmer, Mercedes-Benz, Bünder Herrschaft, Martin Donatsch

Echte Rarität: Der Pinot Noir «Privée» von Martin Donatsch. 

Trinken Sie täglich eine Flasche Wein?

Manchmal schon, aber nicht jeden Tag. Ich trinke grundsätzlich nur in Gesellschaft. Ich habe noch nie eine Flasche für mich allein entkorkt. Und ich trinke keine Spirituosen und auch kein Bier.
 

War Dry January bei Winzern auch ein Thema? 

Ich weiss nicht, wie das andere halten, aber ich könnte das gar nicht. Ich habe auch im Januar Anlässe, Wine and Dines. Ich finde es auch nicht zweckmässig, das ganze Jahr zu bechern und dann im Januar auf null zu schalten. Da übe ich lieber etwas Zurückhaltung das ganze Jahr hindurch. Bin ich mal in der Karibik in den Ferien und die Weinkarte gibt nichts her, verzichte ich lieber auf Alkohol, statt auf Bier oder Cocktails auszuweichen.

 

Bad Ragaz war kürzlich Winzer-Hochburg. «Faszination Pinot Noir» war das Thema. Höhepunkte aus Ihrer Sicht?

Der Austausch mit den Gastwinzern aus dem Burgund beim «Walking Tasting», am Champagner-Apéro und beim gemeinsamen Dinner am Vorabend. Spannend auch die Masterclasses, an denen Burgunder und Bündner Pinots gegenübergestellt wurden.

Bei den Gastwinzern war mit Christian Clerget auch ein grosser Name aus dem Burgund dabei. Keine Selbstverständlichkeit, wenn man die Zurückhaltung der Burgunder Winzer kennt.

Die Clergets wurden von Georg Fromm eingeladen, der gute Kontakte zu ihnen unterhält. Jeder einheimische Winzer durfte einen Gastwinzer einladen. Da waren auch Newcomer aus der Schweiz dabei wie die blutjunge Domaine Guichard aus Knonau, aber auch Etablierte wie Tom Litwan, Michael Broger oder unser Gastwinzer Maximilian Stigler vom Kaiserstuhl.

Was sagen Sie zum ewigen Vergleich zwischen Bündner Herrschaft und Burgund?

Das Burgund bleibt die Messlatte. Dort werden die besten und teuersten Pinots gemacht. Die beiden Regionen sprechen auch eine ähnliche Kundschaft an. Früher haben wir Bündner uns stark am Burgund orientiert. Unterdessen sind wir selbstbewusster geworden. Wir wollen nicht der kleine Bruder des Burgunds mehr sein. Mit dem Klimawandel werden auch die Karten neu verteilt. In Graubünden profitieren wir eher davon. Wir haben noch nie so grosse Weine herausgebracht. Das Burgund hat da weniger gute Perspektiven.

Sven On Tour, Sven Wassmer, Mercedes-Benz, Bünder Herrschaft, Thomas und Martin Donatsch

In Memoriam: Thomas Donatsch hat aus dem Burgund Ideen und Fässer mitgebracht. Sohn Martin: «Ich habe von ihm viel gelernt.» 

Was hat Ihr unlängst verstorbener Vater im Burgund gelernt? 

Ich habe natürlich viel von ihm gelernt. Man muss sich bewusst sein, dass mein Vater der erste war, der den internationalen Stil ausserhalb Frankreichs gepflegt und beispielsweise Barriques verwendet hat. Als auch Mondavi und Gaja damit begonnen haben, hatte er schon zehn Jahre lang Erfahrung gesammelt. André Noblet, damals Kellermeister von Romanée-Conti, hat ihm im Burgund viele Türen geöffnet. Eine verrückte Zeit: Ein La Tâche kostete 45 Franken. Das war damals enorm viel, ein Pétrus ging nämlich für nur 28 Franken über den Ladentisch.


www.donatsch.info
 

Fotos: Adrian Ehrbar, Digitale Massarbeit, Graubünden Wein und Heidiland