Fotos: François Wavre

Die Ernte steht vor der Tür. Diffuses Licht. Der Neuenburgersee leuchtet in geheimnisvollem Türkis, an den Hängen des Juras kleben Wolken. Vereinzelte Regentropfen fallen, noch bleiben drei Wochen bis zur Weinlese in Colombier NE. Winzerin Charlotte Burgat von Caves de Chambleau blickt dem Termin gelassen entgegen: «Die Ernte ist für mich der Höhepunkt des Jahres – ich bin zuversichtlich, dass da noch ein paar sonnige Tage kommen.» Dass die junge Frau, die seit zwei Jahren auf dem Familienweingut die Verantwortung trägt, eine solche Ruhe ausstrahlt, ist alles andere als selbstverständlich. Immerhin plant sie, mit dem Jahrgang 2024 auch einen neuen Wein zu lancieren: einen möglichst naturbelassenen Pinot Noir, bei dem die sogenannte Macération carbonique zum Einsatz kommt. Er soll im fruchtig-leichten Stil eines Beaujolais Primeur daherkommen. Grosses Bild oben: Charlotte Burgat in ihren Reben.

 

Colombier, 5 septembre 2024.Reportage au domaine de Chambleau en compagnie de Charlotte Burgat.©François Wavre | Lundi13

Bereits drei Wochen vor Ernte werden die Kisten für die Weinlese geputzt.

Colombier, 5 septembre 2024.Reportage au domaine de Chambleau en compagnie de Charlotte Burgat.©François Wavre | Lundi13

Charlotte Burgat ist zufrieden mit dem Sommer, er hat für pralle Pinot-Noir-Trauben gesorgt.

Colombier, 5 septembre 2024.Reportage au domaine de Chambleau en compagnie de Charlotte Burgat.©François Wavre | Lundi13

2006 wurde das Weingut Caves de Chambleau von Vater Louis-Philippe Burgat gegründet.

Rückblick auf den Sommer. Auch wenn das Wetter bisweilen Kapriolen zu machen schien – Charlotte Burgat ist mit den klimatischen Bedingungen seit dem Frühjahr ziemlich zufrieden. Im Frühling habe es zwar häufig geregnet, die gesamte Niederschlagsmenge habe sich aber in Grenzen gehalten. Und gerade der August, «der Schlüsselmonat», sei sonnig, aber nicht übertrieben trocken gewesen. Die Trauben seien reif bis in die Kerne, eine präsente Säure sei trotzdem vorhanden – gerade bei Naturweinen sei diese mehr als willkommen. Sonst keine aussergewöhnlichen Vorkommnisse? «Wir haben zwar hie und da grosse Gewitterwolken vorbeiziehen sehen», sagt die Winzerin, «aber über Colombier – wo alle unsere Reben wachsen  – gab es weder Unwetter noch Hagel.»

Gesunde Reben – Resultat des Fleisses. Ein Selbstläufer sei auch dieses Weinjahr nicht gewesen, so Burgat weiter. Für das gesunde Traubengut, das nun prall an den Rebstöcken hängt, habe man ziemlich viel Arbeit investieren müssen: Zwischen den Niederschlägen musste mit denjenigen Mitteln gespritzt werden, die auch im Bio-Weinbau erlaubt sind. «Dank zweier Traktoren schaffen wir sämtliche 15 Hektar in einem halben Tag.» Und zweimal sei man durch Rebberge gelaufen und habe die Niederblätter rund um die Trauben entfernt, so dass sich dort keine Pilzkrankheiten festsetzen konnten. «Die Reben sind kräftig und leuchten in tiefem Grün!»

Colombier, 5 septembre 2024.Reportage au domaine de Chambleau en compagnie de Charlotte Burgat.©François Wavre | Lundi13

Derzeit sind die Barriques im Keller noch aus französischer Eiche – Charlotte Burgat würde gern auf regionales Holz setzen.

Weinpatenschaft zu vergeben. Moment mal? Wenn sie rund 1500 Flaschen des neuen Weins abfüllen wird, dann fehlen diese Pinot-Noir-Trauben doch irgendwo sonst? «Die Früchte des Weinbergs meines Grossvaters landeten zuvor jeweils in der Cuvée Charlotte – weil es aber kein reiner Lagenwein ist, können wir den neu so komponieren, dass dasselbe Qualitätsniveau wie bisher erreicht wird.» Sowieso plane sie besagte Cuvée irgendwann mal anders zu benennen. Für sie sei es seltsam, als Winzerin eine Flasche mit dem eigenen Namen zu vermarkten. «Ich weiss bloss noch nicht, wem ich den Wein künftig widmen möchte.» Da helfe es auch wenig, dass auch eine Cuvée Pénélope existiere, benannt nach der Schwester, die zurzeit an der Hotelfachschule EHL in Lausanne studiert. «Es wäre schön, wenn auch sie später aufs Gut zurückkehrt – die Türen stehen für sie weit offen!», sagt Charlotte Burgat während der Besichtigung des stimmungsvoll ausgeleuchteten Fasskellers. Hier reifen unzählige Weinfässer, geküfert aus französischer Eiche: «Ich möchte aber bald schon mit hiesigem Holz arbeiten.»

Geschichte der Gegend mitschreiben. Sie selbst ist eine Rückkehrerin. Weil sie mit einem Studium der Ökonomie liebäugelte, habe sie nach dem Gymnasium Sprachaufenthalte in London und Berlin gemacht. Erst ganz kurz vor dem Start an der Uni merkte sie, dass sie die Region rund um Neuenburg vermisst. «Plötzlich war mir klar, dass ich einen Teil der Geschichte dieser Gegend mitschreiben möchte.» Schliesslich habe ihr Urgrossvater hier schon als Weinbauer gearbeitet – und die eigenen Trauben verkauft. Louis-Philippe Burgat, Charlottes Vater, begann 2003 mit dem biologischen Weinbau aus Überzeugung. Das Weingut ist jedoch erst seit 2017 mit dem Gütesiegel ausgezeichnet. Seine Abnehmer wollten sich an diesem Risiko allerdings nicht beteiligen, was 2006 zur Gründung des Familienguts führte. Sie selber mache inzwischen die ersten Schritte in Richtung Biodynamie. «Zusammen mit Laura Cruchon habe ich da und dort schon Hörner mit Mist vergraben.»

Colombier, 5 septembre 2024. Reportage au domaine de Chambleau en compagnie de Charlotte Burgat. ©François Wavre | Lundi13

Ist derzeit noch Bio-Winzerin, liebäugelt aber bereits mit biodynamischem Anbau: Charlotte Burgat.

Colombier, 5 septembre 2024.Reportage au domaine de Chambleau en compagnie de Charlotte Burgat.©François Wavre | Lundi13

Sie zeigt die Kerne im Inneren der Trauben: Sie wechseln bereits die Farbe ins Bräuliche – ein Zeichen fotgeschrittener Reife.

Strenges Tagwerk, fröhliches Beisammensein abends. Doch erstmal steht die besagte Ernte auf dem Programm. Bereits jetzt Anfang September putzt man die entsprechenden Behältnisse. Und die rund 40 Erntehelfer, grösstenteils aus der Region, sind aufgeboten. Während etwa zehn Tagen, verteilt auf drei Wochen, wird man lange und anstrengende Tage zusammen in den Reben verbringen. Die in fröhliche Abende münden, an denen zusammen gegessen und degustiert werde. Es sei immer eine feierliche Atmosphäre! Darauf freut sie sich, genauso wie auf den neuen Wein. Und falls es mit dem «Pinot Primeur» doch nicht klappen wird? «Wir können ihn immer noch filtrieren und mit anderen Weinen assemblieren», sagt Charlotte Burgat lachend. «Aber daran denke ich keinen Moment. Ich bin parat für das Baby!»

 

>> www.chambleau.ch

 

Mehr Bio im Glas! 

Ein lebendiger Rebberg mit kräftigen, widerstandsfähigen Reben und einem gesunden Boden ist die Grundlage für feine Knospe-Weine. Bereits über 580 Winzerinnen und Winzer produzieren in der Schweiz Bioweine. Sie verzichten auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel und Kunstdünger. Auch viele Top-Winzer bekennen sich zu Bio und Biodynamie.

Mehr Infos: www.biosuisse.ch