Text: Kathia Baltisberger Fotos: Pascal Grob
120 Positionen. Ende des Jahres gibt es immer viel zu feiern: Firmenfeste, Weihnachten, Silvesterpartys. Champagner darf da natürlich nicht fehlen. Eigentlich ein Fehler, glaubt Madelyne Meyer alias Edvin uncorked und GaultMillau-Weinbloggerin. «Natürlich ist es schön, etwas mit Champagner zu zelebrieren. Doch eigentlich sollte Champagner alltagstauglicher werden.» Der perfekte Ort, um sich auf das edle Getränk einzulassen, ist deshalb die Bar des «Gustav» in Zürich. Hier gibt es über 120 Positionen auf der Karte. «Das ist definitiv meine liebste Champagner-Bar. Ich kenne keine andere in Zürich, die eine so grosse Auswahl hat. Und auch noch zu guten Preisen.»
Nur nichts Bekanntes! Doch bei 120 Optionen ist der Gast vielleicht etwas überfordert. Wie soll man am besten an eine so grosse Karte herangehen? «Man wird immer etwas finden, das man kennt, eine Rettungsinsel. Aber den würde ich auf keinen Fall nehmen! Man hat hier die Chance, etwas Neues zu entdecken. Nennen Sie dem Sommelier einen Champagner, den Sie mögen. Er wird ihnen dann in Anlehnung daran etwas vorschlagen.» Oder man probiert sich einfach durch das Angebot im Offenausschank. Im Gustav gibt es jeweils neun verschiedene, das Angebot wechselt alle zwei bis drei Monate.
Brioche & Gipfeli. Madelyne Meyer probiert auf Empfehlung von 17-Punkte-Chef Antonio Colaianni einen Jacquesson Dizy Terres Rouges. Die Weinexpertin macht grosse Augen: «Wow, diese Farbe! Man würde jetzt erwarten, dass der Champagner süss ist, weil das Rot an Sirup erinnert. Er ist aber erfrischend, trocken und fruchtig. Ich mag das, wenn Champagner Tannine haben, wenn sie die Kraft eines Rotweins besitzen.» Von dem Jahrgangschampagner von 2011 gibt es nur rund 6000 Flaschen. «Was ich absolut liebe, sind gereifte Champagner, die lange auf der Hefe lagen und erst später degorgiert werden. Da hat man das Gefühl, man läuft in eine Bäckerei. Solche Champagner erinnern an Brioche, Apfelwähe oder ein Gipfeli.»
Champagner zu fettigem Essen. Obwohl Champagner der Roger Federer unter den Schaumweinen ist, gibt es auch Alternativen. «Ich finde, es braucht eine gewisse Diversität. Champagner ist sicher interessant, was die Lagen, das Terroir anbelangt. Aber neulich trank ich in der Bar Sacchi einen Lambrusco. Der hat ja nicht unbedingt den besten Ruf, aber der war so fruchtig, das war eine echte Neuentdeckung.» Apropos Ruf: Champagner hat etwas Elitäres. Ein Luxusgetränk, das gerne mit Kaviar kombiniert wird. Doch was isst eigentlich «Generation Edvin» zu Champagner? «Fried Chicken! Das ist kein Witz. Fettiges Essen und Champagner ist das Grossartigste.» Erst neulich grillierte Madelyne mit Freunden Wagyu. «Die Säure des Champagners reinigt die ganze Zunge. So geht das Pairing immer weiter und man kriegt nie genug davon.» Ohnehin passe der Schaumwein fast zu jedem Essen. Deshalb ihr Wunsch fürs neue Jahr: «Ich erhoffe mir, dass man in Zukunft öfters Champagner zum Essen serviert.»