Text: Geny Hess I Fotos: Hans-Peter Siffert, HO
Der Ring steckt am Finger. Angesagt war eigentlich ein Jubiläum, eine Weindegustation im Kreis von Freunden, Winzerkollegen und Sommeliers. Der Fläscher Christian «Hitsch» Hermann schenkte in Appenzell glasweise 33 Jahrgänge aus – ein faszinierender Rückblick auf sein engagiertes Winzerleben. Aber am Schluss ging’s nur noch um Liebe: «Willst Du mich heiraten», fragte Hitsch seine Langzeit-Partnerin Silvia, die genau so überrascht war wie alle anderen. Nun: Die Braut sagte ja, mit feuchten Augen und einem liebevollen Kuss; der Ring steckt am Finger. Grosses Bild oben: Chrisitian Hermann und Silvia Bühlmann.
«Heute bin ich viel gelassener.» Christian Hermann oder besser Hitsch feiert ein bemerkenswertes Jubiläum. Seit seinem ersten Jahrgang 1990 hat er es meisterhaft verstanden, eine harmonische Verbindung aus konstanter hoher Qualität, traditionellem Erbe und modernen Innovationen zu schmieden. Hermann verfolgt seine Ziele mit grosser Leidenschaft und Hingabe. Seine Devise: das Terroir in den Vordergrund stellen, mit Tannin, Struktur und Frische in seinen Weinen, die stets von kompromissloser Qualität und prägendem Charakter zeugen. Auch der Winzer selbst hat sich entwickelt: «Heute bin ich viel gelassener.»
Keine Weine für Ungeduldige. Sie entfalten ihre volle Pracht erst mit der Zeit und erreichen mit der Reife wahre Höhepunkte. Sie sind Jahr für Jahr geprägt von enormer Eleganz und Tiefe, mit einer beeindruckenden Frische, die sich konsequent durchsetzt. Auf seinen gut vier Hektar grossen Rebflächen in Fläsch widmet er sich vor allem dem Pinot Noir, ergänzt durch Chardonnay und Riesling. Neu im Portfolio ist der Completer, die autochthone Traubensorte aus Graubünden, die frischen Wind bringt.
Die letzte Flasche vom 90er! Die Geschichte Hermanns ist auch eine der persönlichen Prägungen und Wendungen. In jungen Jahren, als es finanziell noch eng war, ermöglichte ihm Marianne Blum (Schlüssel, Mels), den Zugang zu den edelsten Tropfen dieser Welt. Hitsch: «Diese Erfahrungen haben mich geformt und überzeugt, dass wir aus unseren Weinen mehr machen können!» Am Jubiläumstag bewegte ihn besonders die letzte Flasche von seinem 1990 Blauburgunder: «Sie steht da wie eine Eins!», freut sich Hermann. Über die Jahre haben seine Weine bewiesen, dass sie auch im Alter jugendlich und frisch bleiben können, besonders die aus kühleren Jahrgängen, die durch ihre Frische und saftige Frucht beeindrucken. Die heutigen Herausforderungen sind vielfältig, geprägt von Klima- und Wetterkapriolen. Hermann bestimmt die perfekte Erntezeit rein sensorisch, direkt am Rebstock.