Text: Siméon Calame I Foto: Hans-Peter Siffert
Hexentrank! Johanna Dayer lacht zwar darüber. Aber im Grund ist sie sehr stolz auf die Biozertifizierung ihrer fast drei Hektaren Rebland in Flanthey bei Sion. «Ich würde gern auch noch den Gipfel namens Biodynamie erreichen. Wir machten dieses Jahr erste Versuche», erklärt die Winzerin und kommerzielle Leiterin des Clos de Tsampéhro. Sie habe diesen Wechsel bereits bei ihrem Eintritt im Jahr 2017 angeregt, «aber meine Kollegen konnten sich damals noch nicht dafür erwärmen. Sie necken mich mit Sprüchen über meine «Hexen-Zaubertränke», aber das ist lieb gemeint». Denn hinter Clos de Tsampéhro steht ein Quartett, neben Johanna Dayer sind es Christian Gellerstad, Vincent Tenud und Joël Briguet. Der Letztere ist Besitzer der Cave La Romaine, mit welcher Tsampéhro unter demselben Dach zusammenarbeitet.
Ein super Barriquekeller. In den Gebäuden der Cave La Romaine liegt auch der Barriquekeller des Clos de Tsampéhro. Er wurde in die Felsen gegraben, was ihm eine natürliche Kühlung verleiht, er ist bogenförmig gebaut, um so an einen Platz der Events und Begegnungen früherer Epochen zu erinnern. Alle vier Weine des Guts werden im Holz ausgebaut, der Brut wird vier Jahre lang gelagert. «Wir suchen das Element des Holzes, aber wollen nicht dass es zu sehr dominiert, deshalb verwenden wir kaum neue Fässer», erklärt Johanna Dayer. Die Winzerin bereitet sich zurzeit auf die Prüfungen als Master of Wine vor. Und erklärt in den Rebbergen des Wallis mit spürbarem Stolz, dass die weissen Trauben als ganze Dolden gepresst werden, während die Roten sich durch ihr Gewicht selbständig pressen.
Dessert im Glas. Der rote Tsampéhro passt wunderbar zu einem Walliser Plättli. Er entwickelt sich schnell im Glas und zeigt die fruchtigen, aber auch die würzigen Noten einer jeder der vier Rebsorten, die hier vereint wurden. Der Weisse bleibt eher auf der subtilen Seite, ist aber sehr ausgewogen. Diese Assemblage aus Heida und Rèze spricht auch Geniesser an, welche ihre Weine gerne noch altern lassen - diese Flaschen können locker erst nach zehn Jahren getrunken werden. Johanna Dayer öffnet einen Tsampéhro brut, ihren Schaumwein: «Er ist neun Monate auf der Hefe im Holzbarrique gereift und dann noch vier Jahre in der Flasche. Eine wahre Geschmacksexplosion im Mund mit den feinen Noten von Brioche - für mich der perfekte Festwein!», sagt sie. Nach der Degustation gehen wir noch ein wenig durch die Reben: Hier ein Feigenbaum, dort eine Quitte - Zeichen der Überzeugung der vier Tsampéhro-Freunde, dass sie eine möglichst natürliche Umgebung anstreben. «Das ist gut für die Natur, aber auch für uns, wenn man gegen Ende Sommer zwischendurch eine reife Feigen vom Baum pflücken kann», lacht Johanna Dayer.
Das liegt im Keller: Clos de Tsampéhro brut (Petite arvine, Chardonnay, Pinot noir), Clos de Tsampéhro blanc (Rèze und Heida), Clos de Tsampéhro rouge (Cornalin, Merlot, Cabernet sauvignon und Cabernet franc), Completer du Clos de Tsampéhro.
Coup de Coeur: «Unser Schaumwein mit seinen Brioche- und Patisserie-Noten. Seine feine Perlage schmeichelt dem Gaumen unwahrscheinlich».
Das passt zusammen: Clos de Tsampéhro blanc mit einem Carpaccio von Saint-Jacques mit schwarzem Trüffel.
Zwei GaultMillau-Chefs mit Tsampéhro-Weinen: Franck Giovannini im Hôtel de Ville in Crissier (19 Punkte) und Grégoire Antonin im Nouvo Bourg in Saillon (16 Punkte).