Text: Siméon Calame I Foto: Gabriel Monnet
Der leidenschaftliche Autodidakt. «Ich fing 1997 ein dreimonatiges Stage an in der Cave SA in Gland an. Es dauerte schliesslich elf Jahre!», lacht Steve Bettschen. Die Leidenschaft für den Wein packte ihn, nachdem er sein Chemiestudium an der Ecole polytechnique fédérale de Lausanne (EPFL) in Lausanne abgeschlossen hatte. Zuerst war er im Bereich des Verkaufs und der Beratung tätig, aber auch «immer als Lehrling in der komplexen Weinwelt». 2003 wurde er in die Europäische Degustations-Jury aufgenommen «eine wunderbare Erfahrung und Ausbildung», sagt er. 2007 dann hatte er Lust, selbst in den Reben zu arbeiten: Er kaufte einen alten Rebberg nahe von Conthey VS mit Petite Arvine. Mit Hilfe von Marie-Thérèse Chappaz, mit der er gut befreundet ist, machte er seinen Erstlingswein. Sie begleitete ihn bei seinen ersten Schritten in den Reben und im Keller.
Seine Marje: Phusis! Heute produziert Steve Bettschen rund zwanzig Weine von Trauben aus der ganzen welschen Schweiz Seine eigenen wachsen in Conthey, La Sarraz und Orny, in Chamoson, Martigny, Fully, im Lavaux, der La Côte und auch in der Drei-Seen-Region kauft er Trauben hinzu. «Ein guter Teil dieser Reben wird biodynamisch gepflegt», erklärt er, «die Winzer, mit denen ich zusammenarbeite, kennen meine Einstellung, und ich vertraue ihnen, dass sie mir Traubengut von bester Qualität liefern». Seine Arbeitsweise ist eher ungewohnt. «Ich sehe die Rebe nicht als Objekt, sondern als eine Person. Ich höre ihr auf Augenhöhe zu. Es ist eine Zusammenarbeit zwischen ihr und mir.» In diesem Sinn ist auch der Name seines Weinguts zu verstehen: Phusis, abgeleitet vom altgriechischen Wort phuein, für «aus verborgenen Tiefen aufblühen».
Quer durch die Romandie. Die vier oder fünf Weine aus seinen eigenen Reben werden unter dem Namen Phusis verkauft, die fünfzehn weiteren aus den Reben seiner Freunde heissen MetaPHUSIS (verschieden von Phusis). Die geographische Verteilung seiner Reben macht Steve Bettschen zur Erntezeit ziemlich zu schaffen, «ich durchquere innerhalb von fünf Wochen die ganze Romandie». In seiner Garage in La Sarraz presst er in einer Vertikalpresse alle Trauben von Hand, danach lässt er die Weine in kleinen Kellern unter seinem Haus ruhen. Der Aspekt der Natur ist ihm wichtig, daher lässt er auch immer einige Schafe in seinen Reben weiden. Und erledigt viele Arbeiten mit einem Pferd.
Das liegt im Keller: Weiss: Chasselas sur granite, Riesling, Arvine sur falaise, Arvine vieilles vignes sur falaise, La Roche Fleurie (Pinot gris, Riesling, Sauvignon, Sylvaner, Viognier aus gemeinsamem Anbau), Blanc de noir, Arvine Eszencia, Chasselas Oloroso; Rot: Humagne rouge sur falaise, Pinot noir terres rouges, Pinot noir Clos du Mormont, Gamay sur granite, La Roche Fleurie (acht Resborten aus gemeinsamem Anbau); Schaumwein: Arvine brut nature, Arvine tendre nature.
Coup de Coeur: Der Pinot noir Clos du Mormont «wegen der reichen Biodiversität des Rebbergs und der grossen Persönlichkeit des Weins».
Das passt zusammen: Ein Humagne rouge mit Geflügel aus dem Ofen, «absolut einfach».
Drei Gault-Millau-Chefs mit Weinen von Steve Bettschen: Rafael Rodriguez in der Auberge de l’Abbaye de Montheron (16 Punkte), Romain Dercile im Fleur de Sel in Cossonnay (17 Punkte) und Grégory Wyss im Hôtel de Ville in Yverdon-les-Bains (16 Punkte).