Text: Stephan Thomas
Briefmarken? Weingüter! Es gibt Leute, die sammeln Briefmarken. Oder Kaffeerahm-Deckelchen. Thomas Schmidheiny sammelt Weingüter. Sie befinden sich in der Schweiz, aber auch im Napa Valley und in Argentinien. Das Weingut Schmidheiny in Heerbrugg (SG) geniesst in der Kollektion allerdings einen Sonderstatus. Hier wurde Thomas Schmidheiny nämlich geboren. Was verbindet - auch wenn er seit Jahrzehnten in Rapperswil wohnt. Zum Heerbrugger Gut gehören beste Lagen im Rheintal; mit insgesamt vier Hektaren ist es allerdings nicht gross. Lange Zeit war auch die Präsenz der Schmidheiny-Weine bei der regionalen Bevölkerung eher diskret.
Klotzen, nicht kleckern. Dann kam der Quantensprung: Schmidheiny übernahm die Reblage Höcklistein in Jona. Er beschloss, den Ertrag auch dieser Reben zentral in Heerbrugg zu verarbeiten. So fielen auf einen Schlag Trauben von 15 Hektaren an. Bekannt dafür, lieber zu klotzen als zu kleckern, liess er einige Meter neben seinem Geburtshaus ein architektonisch anspruchsvolles neues Kellergebäude errichten. Entworfen wurde es von Urs Spirig; die Umgebung gestaltete Landschaftsarchitektur-Star Enzo Enea. Schmidheinys Männer an der Front wurden Adrian Lüthi als Geschäftsführer und Andreas Stössel als Önologe.
Dem Chardonnay gehört die Zukunft. Lüthi und Stössel setzen auf sortenreine Weine. Ihr Denken wurzelt im Lagen-Prinzip nach burgundischem Vorbild. Zuoberst in der Pyramide stehen die Einzellagen-Weine. Auch bei den Rebsorten orientiert man sich am Burgund. Im Vordergrund stehen Chardonnay und Pinot Noir, wobei die Lage «Unterhalb der Mauer» das Aushängeschild ist. «Vom Chardonnay versprechen wir uns viel», sagt Adrian Lüthi. «In unserer Gegend ist das die Sorte der Zukunft.» Abgerundet wird das Angebot durch die neueren Sorten Zweigelt und Johanniter.
Bestes Handwerk auch unter 20 Franken. Die Verkostung zeigt, dass die hohen Erwartungen in die Zukunft berechtigt sind. Besonders beeindruckend sind die etwas gereiften Jahrgänge wie der Pinot Noir 2016. Trotz der Ambitionen will man nicht in höhere Sphären entschweben. Auch die Basisweine unter zwanzig Franken zeigen Typizität und bestes Handwerk. Damit gewinnt man zunehmend auch das Vertrauen der Bevölkerung: War das Weingut Schmidheiny früher ein Ort, «wo man nicht hingeht», feiert das regionale Publikum heute dort Partys. Auch am Vorabend des Besuchs fand ein rauschendes Fest statt. Adrian Lüthy sagt dazu nur: «Es wurde spät ...»
Coup de Coeur: Chardonnay Schmidheiny.
Das liegt im Keller: Pinot Noir Schmidheiny 2016, Johanniter «Johann FR 177-68», Zweigelt Schmidheiny 2018.
Drei Gault-Millau-Chefs mit Schmidheiny-Weinen: Sven Wassmer im «Grand Resort Bad Ragaz/Memories» (18 Punkte). Bernd Schützelhofer im «Bad Balgach by Schützelhofer» Balgach (16 Punkte). Urs Lüthi im «Essort» Bern (15 Punkte).
Das passt zusammen: Südafrikanischer Rock Lobster Tail 38 an Hummernage mit Gemüse, Cassolette, Schnittlauch und Salzzitrone (nach Rezept von Bernd Schützelhofer), zu Chardonnay Schmidheiny.