Interview: Elsbeth Hobmeier
Prosecco oder Trentodoc? Wo liegt eigentlich der Unterschied?
Beide Weine schäumen und kommen aus Italien. Ansonsten sind sie aber komplett unterschiedlich. Trentodoc stammt aus dem südlichen Teil der Weinregion Trentino-Alto Adige, Prosecco aus der Provinz Treviso im Veneto. Die Gebiete liegen anderthalb Stunden Autofahrt auseinander. Trentodoc wird mittels Flaschengärung geschäumt, Prosecco mit Tankgärung. Trentodoc wird aus Chardonnay und Pinot Noir gemacht, Prosecco aus Glera. Und deshalb schmecken die Weine auch unterschiedlich; Prosecco ist meist süsser, mit weniger Sprudel, er wirkt milder.
Welcher Stil ist beliebter?
Procecco kennt in der Schweiz praktisch jeder und jede – er ist auch Hauptzutat im allgegenwärtigen Aperol Spritz. Auf unserer Homepage findet man mehr als 30 verschiedene Prosecci, in halben Flaschen, als Magnum, als Rosé, als DOCG oder DOC, bio, mit und ohne Jahrgang – und mit recht markanten Preisunterschieden. Trentodoc hingegen ist bei uns noch eher bekannt.
Wie kommen die hochwertigeren Prosecci Rive aus Einzellagen an?
Prosecco hat eine klare Qualitätspyramide, die aber vergleichsweise wenige Prosecco-Fans kennen. An der Spitze steht Valdobbiadene Superiore di Cartizze DOCG, gefolgt von Conegliano Valdobbiadene Superiore Rive DOCG. Danach kommen Conegliano Valdobbiadene Superiore DOCG; Asolo DOCG; Treviso DOC; zuletzt Prosecco DOC. Die Rive-Prosecci sind also ein Nischenprodukt im oberen Preissegment.
Rund die Hälfte der Prosecco-Reben wachsen in der Ebene, die anderen im Hügelgebiet. Im Trentodoc liegen die Rebberge ohnehin hoch. Spielt die Höhe für Schaumwein eine Rolle?
Sobald die Höhe Klima und Temperatur beeinflusst, spielt sie eine Rolle. Je höher die Lage, desto kühler und auch wechselhafter wird das Wetter, desto intensiver aber auch die Sonneneinstrahlung. Allgemein ausgedrückt, ist die Schaumweinproduktion in kühlen Regionen einfacher; der beliebte Apérowein soll ja erfrischend sein. Das bedingt Säure und wenig Alkohol. Aber Schaumwein entsteht mittels zweier Gärungen, eine für den Alkohol und eine für die Entwicklung des Bläschen. Nach der ersten Gärung sollte der Alkoholwert nicht zu hoch sein, weil bei der zweiten weitere Prozente entstehen. Deshalb wurde der Champagner auch in der wettermässig eher kühlen Region Champagne erfunden. Und italienische Schaumweine stammen meist aus dem Veneto, der Lombardei und aus Trentino-Alto Adige, also aus dem Norden des Landes.
Prosecco, Trentodoc, Franciacorta, Champagner, Cava, Crémant – lauter bekannte Schaumweine in allen Preislagen: Was sind die Präferenzen der Kundschaft?
Erfreulicherweise sind unterschiedliche Stile gesucht. Diese Vielfalt macht den Weinbereich attraktiv. Von der Menge her liegt Prosecco klar an der Spitze, aber die stärksten Marken kommen aus der Champagne. Schaumwein ist insgesamt ein trendiges Produkt, davon profitieren auch Franciacorta, Cava, Crémant, Moscato. Nicht zuletzt sind Schweizer Schaumweine und alkoholfreie Varianten zurzeit sehr beliebt.
Wer wird in Zukunft zulegen?
So genau lässt sich das nicht vorhersagen, auch wenn die Zukunft für den Schaumwein gut aussieht, weil er oft weniger Alkohol aufweist als Weiss- oder Rotwein. Erfolg bedingt aber immer, dass die Qualität stimmt, ebenso der Preis und nicht zuletzt das Marketing.
Die Produzenten setzen vermehrt auf trockene Schaumweine wie Brut und Extra-Brut. Entspricht das dem Publikumsgeschmack?
In der Gastronomie geht der Trend seit Jahren in die trockene Richtung. Im Supermarkt sieht es anders aus. Die Kundschaft dort trinkt Schaumwein gerne süss, daran ändert auch der Megatrend in Richtung «gesund und lange leben» wenig. Ganz trockene Schaumweine sind und bleiben ein Nischenprodukt.
>> Jan Schwarzenbach ist ein ausgebildeter Winzer und Weinakademiker, der sich durch seine umfassenden Kenntnisse und sein Fachwissen in der Weinbranche einen Namen gemacht hat. Bei Coop Mondovino ist er für die Auswahl und Bewertung der Weine verantwortlich.
Fotos: HO / Hans-Peter Siffert