Text: Elsbeth Hobmeier Fotos: Kurt Reichenbach

Vier Sommliers & ein Petite Arvine. Ein munteres Gespräch mit professionellen Weinkennern. Dabei sind: Yvan Letzter («Rialto» Gstaad, 14 GaultMillau-Punkte), Pedro Ferreira («Le Grand Chalet», Gstaad, 16 Punkte), Simon und Nik Buchs (16 Art Bar Restaurant in Saanen, 14 Punkte). Was öffnet ein Star wie Yvan Letzter, wenn seine Sommelier-Freunde am Tisch sind? Seine neueste Entdeckung. Eine Flasche Petite Arvine Phusis 2017 von Steve Bettschen aus Sensine bei Conthey VS. Notizen vom Stammtisch der Gstaader Wein-Profis.

Grosses Bild oben: Yvan Letzter, Pedro Ferreira, Simon Buchs, Nik Buchs (v.l.).

 

# 1: Die Erwartungen der Gäste. Yvan Letzter: «Wichtig ist, dass wir den Gästen gut zuhören und spüren, was sie gern trinken. Wir sind total offen, aber wir müssen auch gut informiert sein, denn zu uns kommen Kenner aus der ganzen Welt. Unser Glück: In Gstaad wächst kein Wein, hier gibt es einzig Milch. Wir sind also frei in unseren Empfehlungen und an keine Region gebunden.» Pedro Ferreira: «Die ausländischen Gäste wollen Schweizer Weine kennen lernen, sie schätzen Raritäten, vor allem Pinot und Merlot.» Nik Buchs: «Die Leute sind hier in den Ferien, sie haben Zeit. Das ist eine total andere Stimmung als bei Business-Gästen.» Simon Buchs: «Wir bieten sehr viele Schweizer Weine an und freuen uns, unsere Entdeckungen mit unseren Gästen teilen zu können.» Nik: «Gefragt sind einerseits traditionelle, bekannte Weingüter, aber immer mehr auch junge Weinmacher, die noch entdeckt werden können.» Yvan: «Wir haben ja eigentlich alle grossen Namen auf unserer Karte, denn einige Gäste können und wollen sich sehr teure Weine leisten. Vor allem die Russen und Südamerikaner sind begeistert, bei uns Sassicaia & Co. weit günstiger als in ihrer Heimat zu finden». Pedro: «Die Gäste lieben Geschichten, sie wollen etwas vom Menschen hinter dem Wein erfahren. Sie schätzen es, wenn wir ihnen von unseren Entdeckungen erzählen, zum Beispiel von der jungen sizilianischen Winzerin Arianna Occhipinti, die wir gemeinsam aufgespürt haben.» 
 

Gstaader Sommelier

Die Entdeckung von Yvan Letzter: Klus 177 Le Blanc 2019 von Antoine Kaufmann in Aesch BL. 

Gstaader Sommelier

Petite Arvine Phusis 2017 von Steve Bettschen aus Sensine bei Conthey VS - das serviert Letzter seinen Sommelier-Freunden.

# 2: So entdecken Profis neue Weine und neue Winzer. Yvan Letzter: «Zwischen den Saisons können wir uns Zeit nehmen für Weinreisen, zweimal jährlich gehen wir zusammen auf Entdeckungstour. Letztes Jahr waren wir in Deutschland und in Portugal - dieses Jahr bleiben wir in der Schweiz.» Nik: «Wir suchen Weine mit Charakter. Und freuen uns, wenn wir junge Winzerinnen und Winzer entdecken. Wir sind gerne Scouts!» Pedro Ferreira: «Ich empfehle zunehmend gereifte Weissweine mit Potenzial. Die passen gut zu traditionellen Speisen mit viel Rahm und Butter.» 

 

# 3: Das Sommelier-Leben im Corona-Jahr. Simon Buchs: «Das Publikum ist viel gemischter als in anderen Jahren. Mehr Junge, mehr Schweizer, so viele Tessiner wie noch nie. Wir haben eine richtig gute Stimmung hier im Saanenland!» Pedro Ferreira: «Die Gäste nehmen sich schön viel Zeit fürs Essen und Trinken und bestellen immer eine ganze Flasche Wein. Das macht Freude!» Yvan Letzter: «Hier in Gstaad ist die Kundschaft wie ein Puzzle, das zusammenpasst, Bauern neben Milliardären - und allen gefällt es! Das macht uns stolz.» 
 

Gstaader Sommelier

Gesellige Runde: Die vier Gstaader Sommeliers Pedro Ferreira,Yvan Letzter, Simon und Nik Buchs (v.l.) gehen auch zusammen auf Weinreisen. 

# 4: Das Thema Naturwein. Nik Buchs: «Die Frage ist: Was ist Naturwein? Gute Domänen haben immer natürlich gearbeitet. Heute gibt es einige Winzer, die es sich einfach machen und auf den Zug aufspringen wollen. Für mich ist wichtig, dass ein Wein eine klare Aussage hat und gut gemacht ist.» Yvan Letzter: «Es ist schön, wenn sich jüngere Winzer wieder auf die Grundsätze ihrer Grossväter besinnen und zurück zur Tradition finden.» Simon Buchs: «Für mich heisst Naturwein: Zuhören, was die Natur sagt!» Pedro Ferreira: «Naturweine machen unerfahrenen Gästen Angst. Da braucht es die Erklärung und Beratung des Sommeliers.» Yvan Letzter: «Immerhin ist das Vergären in Amphoren die ursprünglichste Art des Weinmachens. Eine interessante Sache.» 

 

# 5: Die Entdeckungen der Saison. Frage an die vier Profis: Welche Neuentdeckung in den letzten Monaten hat Sie richtig begeistert? Pedro Ferreira: «Der Pinot noir von Patrick Adank in der Bündner Herrschaft.» Yvan Letzter: «Klus 177 Le Blanc 2019 von Antoine Kaufmann in Aesch/Baselland». Nik Buchs: «Die Weine von Markus Ruch in Neunkirch bei Schaffhausen.» Simon Buchs: «Und ich habe neben vielen Weinen einen Schweizer Cidre aus alten Apfelsorten entdeckt, der mich fasziniert: eine vielfältige Palette der Cidrerie du Vulcain von Jacques Peritaz im fribourgischen Treyvaux.»

 

https://www.gstaad.ch/

https://swisswine.ch/de