Text: Elsbeth Hobmeier I Foto: Hans-Peter Siffert

Perrochet? Demeter! Die Weine der Familie Perrochet vom Maison Carrée in Auvernier NE sind immer in vorderster Front dabei, wenn ältere und gut gereifte Jahrgänge ausgezeichnet werden. Der komplexe Pinot noir Auvernier, der auf tiefgründigen Böden wächst, braucht etwas mehr Zeit, der Pinot noir Hauterive wie auch der Le Lerin von sandigen und kalkhaltigen Böden sind eher feingliedrig und von grosser burgundischer Finesse. Jean-Denis Perrochet, der das mitten im pittoresken Dorf gelegene Weingut in sechster Generation mit seiner Frau Christine leitet, gibt seine Weine erst frei, wenn er sie als ausreichend gelagert erachtet. Dabei kann ein Jahrgang den anderen auch mal überholen. So geschehen mit dem 2018, den er noch vor dem 2017er in den Verkauf gab. «2018 war ein heisses Jahr und der Wein schneller trinkbereit», erklärt er. Alle Perrochet-Weine reifen im Eichenholz, die einen im grossen 5000-Liter-Foudre, die andern im 228-Liter-Pièce. Und allen gemeinsam ist das Demeterlabel, das für einen überzeugten biodynamischen Anbau steht. Grosses Bild oben: Alexandre, Jean-Denis und Christine Perrochet.

 

Einzig klassische Sorten der Region. Fünf Hektaren Rebland - also genau die Hälfte der von der Familie bearbeiteten Rebfläche - sind mit Pinot-noir-Reben bestockt. Der Rest gehört den weissen Sorten: Dem einheimischen Chasselas, der Burgundersorte Chardonnay, dem Pinot gris und dem Savagnin blanc, der im Wallis als Heida bekannt ist und im französischen Jura als Vin jaune gekeltert wird. Jean-Denis Perrochet lernte diese kräftige, vife Traubensorte vor vierzig Jahren während seiner Ausbildung im Burgund kennen und führt den rassigen, spritzigen, etwas rustikalen Aussenseiter, der einst auch in unserer Gegend abgebaut wurde, seit 2014 in seiner Palette. Bei den Rotweinen beschränkt er sich bewusst auf den Pinot. «Den trinken wir selbst auch am liebsten», lacht er. Aber es passt auch zu seiner Überzeugung, dass er einzig auf klassische Sorten der Region setzen und nicht der heute gängigen Devise «Alle machen alles» nachleben will.

 

«Wein entsteht im Rebberg.» Was macht das Geheimnis dieses Betriebs aus, der zu den Bio-Pionieren und den Aushängeschildern unter den Schweizer Weingütern zählt? Es ist wohl die Summe der einzelnen Anstrengungen. Gepresst werden die Trauben auf vertikalen Holzpressen, der Saft reift im Eichenholz, die Reben sind zumeist von hohem Alter, beim Schneiden und Ernten werden die Zyklen des Mondes und der Planeten beobachtet, zur Schädlingsbekämpfung selber angesetzte Pflanzenextrakte verwendet. «Wein ist und bleibt ein Naturprodukt, das im Rebberg entsteht», sagt Jean-Denis Perrochet, der sich vehement gegen «künstliches Aufbessern und Herumkorrigieren» ausspricht. Ein Naturprodukt ist auch der unfiltrierte Chasselas Non-filtré, der nur wenig Trubstoffe aufweist und entgegen der landläufigen Meinung keineswegs nur jung  getrunken werden muss.

 

Sohn Alexandre übernimmt. Bei den Perrochets steht bereits die siebte Generation am Start: Ende Jahr wird der Betrieb auf Sohn Alexandre übertragen, der bereits seit 2015 mitarbeitet und mit seiner Familie demnächst ins grosse Haus einziehen wird. Die Eltern Jean-Denis und Christine werden jedoch weiterhin dabei sein und ihn unterstützem. Neben den Weinen wollen ja auch noch Marc, Lie sowie Schnaps aus den über 50 eigenen Obstbäumen im eigenen Brennhafen destilliert werden.

 

Das liegt im Keller: Weisse: Chasselas Blanc sur lie, Chasselas non filtré, Chasselas Cru des Abbesses, Chardonnay, Pinot gris, Savagnin blanc, Perdrix blanche. Rote: Pinot noir Auvernier, Pinot noir Le Lerin, Pinot noir Hauterive. Rosé. Süsswein: Fllétri. Vieux Marc. Lie de Pinot noir. Obstschnäpse.

 

Der Coup de Coeur: Christine setzt auf den Pinot noir Le Lerin, «er ist elegant, samtig, tiefgründig, feingliedrig und mit schön langem Abgang». Ihr Mann Jean-Denis dagegen zieht seinen Savagnin vor, «ein typischer Neuenburger, ein spezieller Wein», sagt er. Und Sohn Alexandre als der dritte im Bunde? «Ich mag besonders den Chasselas Non-filtré 2022. Er ist rund, fruchtig und typisch dank dem ganz leichten Hefegeschmack. Der unsere ist dank der Vertikalpresse nur sehr leicht trüb».

 

Das passt dazu: Christine serviert den Pinot noir zu einem guten Stück Fleisch, Jean-Denis empfiehlt zum Savagnin einen Fisch an Sauce neuchâteloise oder ein Stück Hartkäse, und Alexandre geniesst den Non-filtré am liebsten zu Eglifilets aus dem Neuenburgersee. 

 

Drei Gault-Millau-Chefs mit Perrochet-Weinen im Keller: Michel Stangl im Hôtel de Commune in Dombresson (14 Punkte), Jérémy Desbraux im Maison Wenger in Le Noirmont (18 Punkte) und Maryline Nozahic im La Table de Mary in Cheseaux-Noréaz (16 Punkte).