2021 feiert die Schweiz 50 Jahre Frauenstimmrecht. Definitiv ein Grund zum Jubeln, auch wenn Armenien vor 102 Jahren und Jamaika vor 77 Jahren «getscheggt» haben, dass Frauen auch Menschen sind. Wir wissen es alle, die Schweiz ist nun Mal etwas schwerfälliger und verbohrter (keine Kritik an unserer direkten Demokratie) als andere Länder, dafür haben wir eine schöne Weinkultur. Die Schweiz hat gelernt, dass sie erfolgreicher ist, wenn Frauen gehört werden. Wenn sie mitreden dürfen. Wenn Mann und Frau an den gleichen Zügeln ziehen. Ich bin stolz darauf, dass Frauen ihre Stimmen nutzen und zu Wort kommen. Auch wenn wir ab und zu schreien müssen. Auf meinem Instagram-Account habe ich die Frauen aus der Weinbranche gefragt: «Worauf seid ihr besonders stolz? Was bereitet euch Freude am Arbeiten mit Wein?» Also gebe ich das Wort an Winzerinnen, Oenologinnen, Sommelièren und andere Frauen aus der Branche:
Je länger ich zwischen den Rebstöcken arbeite, desto mehr «Gleichnisse» von Wein und Mensch werden mir bewusst, die ich mit viel Freude weitergebe. Etliche Kunden antworten mir nach einer Kellerführung: «Ich befasse mich schon seit Jahren mit Wein - aber von dieser Seite habe ich ihn noch nie angeschaut.»
Ich kann Schläuche an den Tank schrauben und meistens auch wieder abschrauben. Meine Grenzen liegen dort, wo ich körperlich nicht mithalten kann, weil ich zu klein bin oder zu wenig Muckis habe. Ich kann die Pumpe bedienen, ich kann die Presse extrem sauber putzen (ich liebe das «Chosle» mit Wasser im Keller), ich kann biodynamisieren und mit der Rückenspritze Reben einnebeln und dabei über Schlangen stolpern! Ich kann Wein abfüllen und etikettieren. Wenn ich an einem Abfülltag x tausend Kilo Glas und Wein gestemmt habe, bin ich kaputt aber extrem glücklich. Mein Freund und ich unterstützen uns gegenseitig. Das motiviert und macht Spass.»
«Ich finde für jeden Gusto den passenden Schweizer Wein. Das ist kein billiges Werbeversprechen, nicht einmal eine besondere Begabung, vielmehr ein leichtes Spiel, denn die Vielfalt und somit Auswahl hierzulande ist gross – viel grösser als manche denken. Mein Wissen zu teilen, kritische Stimmen zu überzeugen und überhaupt, andere Menschen mit meiner Faszination für heimische Tropfen anzustecken, ich liebe es!»
«Unsere Weinbegleitung, die ich regelmässig neu gestalte, ist sehr beliebt und lockt viele Gäste aus ihrer Wein-Komfortzone. Ausserdem stecke ich mit meiner Leidenschaft und dem Spass am Wein auch unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen an.»
«Ich bin stolz darauf, mit 26 Jahren in meiner ersten Führungsposition zu sein und von meinen männlichen Vorgesetzten (beide 49+) ernst und wahrgenommen zu werden. Ich bin leite Veranstaltungen und liebe es einfach, mit Menschen zu arbeiten. Ich kann sagen, dass ich den Beruf ausüben darf, in dem ich total aufgehe und mich verwirklichen kann.»
«Das Schöne ist, dass unser Beruf und unsere Leidenschaft nach Arbeitsschluss nicht abgeschlossen ist, sondern, dass wir jeden Abend, in der Freizeit und in den Ferien uns mit diesen Genussmitteln weiter auseinandersetzten und geniessen können.»
«Ich bin zwar noch nicht ganz angekommen in der Schweizer Weinbranche, da ich im Moment noch in Geisenheim Weinbau und Oenologie studiere, aber ich freue mich darauf, die Weinbranche ein bisschen aufzuwirbeln, neue, fancy Etiketten (und natürlich die Weine dazu) ins Regal zu bringen, noch mehr Frauen für Wein zu begeistern und natürlich den zugehörigen Berufen und die Wertschätzung für die hochwertige Schweizer Weine in der Schweiz steigern!»
Momentan sind die Branche, der Wein und alle damit Verbundenen in einem unglaublich grossen Umbruch. Es verändert sich einfach alles. Die Gedanken der KäuferInnen ändern sich in Bezug auf den Wein selbst, die Verpackung, und die Bezugsquelle (Regionalität). Die Winzerinnen und Winzer hinterfragen vermehrt ihre Arbeitsweise. Zu guter Letzt verändert sich der Verkaufsweg selbst. Gefühlt rückt alles - trotz dem digitalen Vormarsch - näher zusammen. Ich finde es fantastisch, das erleben zu dürfen. Diese Dynamik zu spüren. Wohin wird es wohl führen?
«Ich bin nun seit bald drei Jahren in unserer kleinen Familienweinhandlung in Basel tätig und mache so ziemlich alles, was man in einem solchen Geschäft machen kann (Importe, Verkauf, Marketing, Logistik, Degus...). Die Vielfältigkeit in diesem Job ist für mich als Tausendsassa perfekt. Ich liebe meine Arbeit wegen der Menschen: Produzenten, passionierte Gastronomen, Geniessertypen, hier auch viele Freaks, interessierte und offene Menschen. Diese Begegnungen sind alles! Wein muss für alle zugänglich und verständlich gemacht werden! Weniger Chichi, mehr Bums.»
Ich beginne im Sommer meine Winzerlehre, durfte aber schon als Praktikantin auf dem Felde mitwirken und ein paar Trübel-Erfahrungen sammeln. Es macht mich stolz, im etwas fortgeschrittenen Lehrlingsalter (36!) Herz (und Leber) zu folgen und nochmals einen ganz neuen Berufsweg einzuschlagen. Ich freue mich sehr auf alles, was kommt, und kann mir nichts Schöneres vorstellen, als in zwei Jahren mit meinen drei Kids auf den eidgenössischen Fachausweis als Winzerin anzustossen.