Text: Elsbeth Hobmeier | Foto: Hans-Peter Siffert
Kleine Weinregion, grosse Weine. Der Vully, ein Hügelzug zwischen dem Murten-, Bieler- und Neuenburgersee, belegt zwar nur ein Prozent der Schweizer Rebfläche. Aber die Weine, die hier entstehen, können sich durchaus sehen lassen, einige Winzer zählen laut Gault-Millau-Jury zu den Besten der Schweiz. Diese Auszeichnung gilt auch für Franziska und Jean-Daniel Chervet aus Praz: Seit fünf Generationen winzern sie an den Hängen des Vully, Jean-Daniel präsidiert die Vereinigung Vully Interprofession. «Unsere frühen Vorfahren machten eher Schnaps, seit meinem Vater gibt bei uns einzig der Wein den Ton an», lacht Chervet. Vater Louis war ein echter Pionier: Als erster brachte er die Rebsorte Freiburger (auch als Freisamer bekannt) ins Land, die er in seinen Studienjahren in Deutschland kennengelernt hatte, und auch den Gewürztraminer baute er als einer der Ersten an. Beide Sorten gedeihen am Vully prächtig - viele Weinkenner behaupten gar, dass auf Vully-Terroir der beste Traminer der Schweiz wachse.
Mit Volldampf voraus. «Wir haben in den letzten dreissig Jahren viel gearbeitet», schaut Franziska Chervet zurück. Sie kümmert sich um den Verkauf und das Marketing, leitet die Degustationen und organisiert die Events. Ihr Mann wirkt als Reb- und Kellermeister. Die Domaine Chervet ist eines der wenigen Weingüter in der Schweiz, die sowohl einen Top-Riesling-Sylvaner wie einen Top-Chasselas produzieren. Beim Riesling-Sylvaner geht es allerdings dem Ende entgegen, «damit wollen wir 2022 aufhören, er ist einfach zu heikel in Sachen Mehltau», sagen sie. Umso mehr interessieren sie sich zurzeit für pilzresistente Piwi-Sorten wie die weissen Divona und Sauvignac und den roten Divico. Diese Umstellung haben sie mit Sohn Florian ausgearbeitet, der momentan noch im dritten Winzer-Lehrjahr ist und den Betrieb später übernehmen will.
Erfolgsgeschichte Arzille. Seit 1995 findet sich im Chervet-Sortiment die Cuvée L’Arzille aus Pinot gris, Freiburger und Sauvignon blanc. Der süffige, mineralische, würzige Weisswein wird ein Jahr im Barrique ausgebaut. Er ist zum Verkaufshit geworden und wurde 2013 beim Grand Prix du Vin Suisse als Schweizermeister gekrönt. Inzwischen gibt es auch einen roten L’Arzille, komponiert aus Gamaret, Diolinoir und Mara. Aufgegeben haben die Chervets jedoch das zweite Weingut im Languedoc, «es war ein Traum unseres Vaters Louis, aber für uns wurde die Zweigleisigkeit zu aufwendig», sagen sie - und konzentrieren sich fortan auf die Topqualität ihrer Vully-Weine.
Das liegt im Keller: Weiss: Chasselas Tradition, Chasselas Vieilles Vignes, Riesling-Sylvaner, Chardonnay, Pinot gris, Freiburger, Traminer, Cuvée de l’Arzille blanc; Rot: Vully rouge, Pinot noir, Cuvée de l’Arzille rouge; Vully rosé; Gouttes d’Or (Süsswein); Perle du Vully (Schaumwein).
«Coup de Coeur»: Das Winzerpaar ist sich einig: Die Cuvée l’Arzille blanc aus Pinot gris, Freiburger und Sauvignon blanc.«Es ist unsere eigene Kreation, darauf sind wir stolz».
Das passt dazu: Sie geniessen ihn gerne zu Fisch aus dem nahen See, aber auch zu einer Vorspeise oder einem Pouletgericht.
Zwei Gault-Millau-Chefs mit Chervet-Weinen: Pierre-André Ayer im «Le Pérolles» in Fribourg (17 Punkte), Domingo S. Domingo im «Mille Sens» in Bern (14 Punkte).