Text: Elsbeth Hobmeier I Fotos: Hans-Peter Siffert
Schwierige Bedingungen. In der «Maison du Terroir» in Bernex herrschte ein stetes Kommen und Gehen. Sommeliers, Gastronomen und Medienleute nahmen die Gelegenheit testen den Jahrgang 2021. 40 Winzer hatten je zwei ihrer «Coups de Coeur» mitgebracht, die von den Besuchern degustiert werden konnten. Der Jahrgang 2021? Viel wurde darüber geredet, das kühle Wetter, die lange Regenperiode, der Hagel, der Frost - das alles machte den Weinbauern das Leben schwer. Umso überraschender war die Qualität der Weine, die sich jetzt offenbart: Es sind süffige, schöne, tiefgründige Weine, die Weissen überzeugten noch etwas mehr als die Roten. Beklagt werden einzig die kleineren Mengen, welche geerntet werden konnten. In Genf beläuft sich dieser Ausfall auf total 9000 Hektoliter, welche gegenüber dem Vorjahr fehlen werden. Gelitten hatten vor allem die Sorten Chasselas, Gamay, Gamaret und Merlot. Gut waren dagegen die Bedingungen im Herbst kurz vor der Ernte, welche ein ausgewogenes Zucker-Säure-Verhältnis begünstigten. Verglichen mit anderen Regionen hat Genf das Jahr mit einem Produktionsminus von 11.5% (Schweizweit minus 27%) jedoch glimpflich überstanden. Grosses Bild oben: Opage-Direktor Denis Beausoleil.
Es muss nicht immer Chasselas sein! Eines der Genfer Markenzeichen ist die Vielfalt. Früh schon entschlossen sich die Winzerinnen und Winzer, die Chasselas-Monokultur zu brechen und auch andere Sorten anzupflanzen. Ein gutes Beispiel ist Sarah Meylan Favre von der Domaine de la Vigne Blanche in Cologny am linken Seeufer. Sie hatte ihren Sauvignon blanc mitgebracht, einen fruchtigen, aromatischen Weissen, sowie einen reinen Gamaret, den sie zu Ehren ihrer ältesten Tochter Cuvée Constance nennt. Beide Weine sind schlank und klar ausgebaut, ohne Holz. «Den Sauvignon blanc habe ich früher als in anderen Jahren geerntet und auf die malolaktische Gärung verzichtet», erklärt die Winzerin und Önologin. Und zum Gamaret fügt sie an, dass er «zu grosse Hitze nicht mag» und ihm das Wetter somit eigentlich entgegenkam. Sehr trocken und klar zeigte sich auch der Pinot gris von Jean-David Gaillard, Domaine de la Planta in Dardagny. «Ich mache gern Weine, die man bald trinken kann», sagt der junge Winzer, der 2019 ins väterliche Weingut eingestiegen ist. Entsprechend fruchtig zeigt sich auch sein Rotwein Longitude aus Gamaret und Garanoir, eine sehr typische Genfer Assemblage.
Bio-Wein und 600 Hühner. In Avully, zwischen Arve und Rhône, winzert das Nachwuchstalent Céline Dugerdil. Sie brachte einen sehr frischen Pinot gris mit, den sie biologisch anbaut, sowie einen kräftigen, etwas erdigen Pinot noir. Aufgefallen ist auch das Angebot von Stéphane Dupraz, der mit seinem 21-jährigen Sohn Léo ein schönes Gut in Soral führt. Er hat im letzten Jahr den ganzen Bereich auf Bio umgestellt. Und hält auf seinem Hof auch noch 600 Hühner - eine interessante Mischung! Sein Chasselas ist trocken und mineralisch, sein Pinot noir sehr fruchtig und sehr elegant, einer der auffallendsten Weine in der gesamten Runde. Denis Beausoleil (grosses Bild ganz oben), Direktor der Opage und Verantwortlicher für die gesamte Schau, zeigte sich sehr zufrieden: «Der Jahrgang wird trotz allen misslichen Umständen gut, die Genfer Winzer zeigen damit ein grosses Können», sagte er anerkennend.