Text: Elsbeth Hobmeier Fotos: Hans-Peter Siffert

Die Malanserrebe. Wer einen Malanser Completer von Adolf Boner im Keller hat, der kann sich glücklich schätzen. «Dieser Wein ist ein schönes Erlebnis - etwas für Weinfreaks», bestätigt Giani Boner. Er hat 2013 das Weingut in der Bündner Herrschaft von seinem Vater Adolf übernommen. Schon der Grossvater, der Gründer des Guts, hiess Adolf - «ich wurde kein Adolf mehr, der Vorname war wohl nach dem zweiten Weltkrieg zu sehr belastet», lacht Giani, der Vertreter der dritten Generation Boner. Heute steht «Giani Boner» auf dem Etikett, die Philosophie jedoch ist dieselbe geblieben: dem Wein wird viel Zeit gelassen zum Reifen, bevor er in den Verkauf kommt. Und auch nachher sollte ein Completer - diese alte, einheimische, weisse Bündner Rebe mit ihrem hohen Säuregehalt - nicht zu früh getrunken werden. Heuer war der 13er im Verkauf, im kommenden Herbst wird der 15er abgefüllt. «Den 2013er kann man gut und gerne noch zehn Jahre lagern», betont Boner. Und erzählt, dass seine langjährigen Kunden jetzt so langsam die Flaschen der Jahrgänge 1983 und 1985 öffnen.

 

Der grosse Completer-Hype. Die urtümliche, spezielle Traubensorte erlebt zurzeit ein wahres Revival. Einige Winzer (auch ausserhalb ihrer eigentlichen Heimat Graubünden) pflanzen die Rebe an, welche bereits 1321 nach Christus urkundlich erwähnt wurde und deren Wein von den Mönchen des Domkapitels Chur einst bevorzugt nach dem Abendgebet, der Completa, genossen wurde. Allerdings besteht ein grundlegender Unterschied zwischen den Neupflanzungen und der über 100-jährigen Completerhalde oberhalb des Dorfs Malans: Diese Rebstöcke, die im Besitz der Familie von Salis sind und schon von Grossvater Boner in Pacht gepflegt wurden, sind wurzelecht. Das heisst, sie waren nicht von der Ende des 19. Jahrhunderts wütenden Reblaus befallen und mussten daher nicht auf amerikanisches Holz gepfropft werden. Wurzelecht bedeutet aber auch, dass die Rebe nur alle zwei Jahre Früchte trägt. Lange Zeit waren bei Boner immer die ungeraden Jahre ein Completer-Jahrgang. Ab 2018 sind es die geraden Jahre. Weshalb dieser Wechsel? «Im Frostjahr 2017 reiften keine Trauben, sie holten dies aber im 2018 nach», lautet die Erklärung. Dieser 18er reift jetzt schön gemächlich vor sich hin und braucht noch etwas Zeit.

 

Pinot noir mit viel Tiefe. Nun ist der Completer zwar ein Aushängeschild von Boner, aber genau besehen macht er nur zehn Prozent seiner Produktion aus. Der Hauptanteil gehört dem Pinot noir, den er in zwei verschiedenen Stilrichtungen ausbaut: Einerseits der einfachere, süffige Pinot, der im Tank reift und der so gut zu einem Bündner Plättli und den einheimischen Gerichten wie Capuns passt. Und dann der Pinot noir Grand Cru, gereift im Eichenholz und assembliert mit fünf Prozent Syrah. Dies gibt ihm mehr Fülle und Tiefe, «der wird vor allem im Engadin mit seinen vielen Gästen aus Italien geschätzt - sie sehen ihn als typischen Schweizer Wein», sagt Giani Boner. Neben dem Pinot gris, den schon sein Grossvater pflegte, hat er jetzt neu mit dem Sauvignon blanc einen dritten Weisswein im Angebot. Der erste Jahrgang 2019 kam eben erst in den Verkauf. Der Grund für diesen Wechsel macht schmunzeln: Giani Boner ist - wie so mancher echter Bündner - ein begeisterter Jäger. Daher passte der für ihn zu früh reifende Riesling-Sylvaner nie so recht ins Timing. Kurz entschlossen riss er diese Reben aus und setzte neu auf den weissen Sauvignon, der mit der Klimaerwärmung besser zurecht kommt - und den er vor allem nach vollbrachter Jagd ernten kann.   

  

Das liegt im Keller: Weiss: Pinot gris, Sauvignon blanc, Completer; Rot: Pinot noir, Pinot noir Grand Cru. Destillate: Gianini, Marc, Weinbrand.  

 

«Coup de Coeur»: Giani Boner ist Bündner und damit ein begeisterter Jäger. «Ich mag meinen «einfachen» Pinot noir, weil er so gut zu unseren einheimischen Spezialitäten wie Capuns, Käse oder zu einem Stück Reh oder Hirsch vom Grill passt», sagt er.

 

Drei Gault-Millau-Chefs mit Boner-Weinen: Fabrizio Zanetti im Suvretta House in St. Moritz (16 Punkte), Heiko Nieder im The Dolder Grand in Zürich (19 Punkte), Gregor Zimmermann im Bellevue Palace in Bern (15 Punkte)

 

>> www.gianiboner.ch