Text: Stephan Thomas I Foto: Sonja Eberhard
Flasche mit Eintritt. Eine Flasche von Myriam und Johannes Lampert erkennt man von weitem. Das liegt an der poppigen, etwas frechen Beschriftung in grossen Lettern. Die Form des Etiketts erinnert an ein Ticket. Damit spielt man auf das Motto «Das Ticket zum Genuss» an. Lamperts verkaufen nämlich auch Fleisch von den 150 Schafen, die sie neben dem Rebbau halten. Damit sind sie einer der letzten gemischtwirtschaftlichen Betriebe, die früher die Norm waren. Mit den Inhabern der Maienfelder Weingüter gleichen Namens - Thomas Lampert und der Familie Lampert vom Weingut Heidelberg - ist Johannes höchstens weitaus verwandt. Er stammt aus der Jeninser Linie der weitverzweigten Familie.
Kirche im Dorf. In Jenins, Maienfeld und Malans bewirtschaften Myriam und Johannes in biologischem Anbau 3.8 Hektaren Reben. Nur einen kleinen Teil davon bringten die beiden unter eigenem Namen auf die Flasche. Grund: Als Traubenverkäufer hat er treue Abnehmer, denen zum Teil schon seinem Vater und Grossvater Trauben geliefert haben. Die möchte er nicht vor den Kopf stossen, indem er nun alles in die eigene Produktion fliessen lässt, jedenfalls nicht von einem Tag auf den andern. In Jenins achtet man noch darauf, dass die Kirche im Dorf bleibt. Längerfristig ist allerdings eine Ausweitung des Outputs angedacht und aufgegleist.
Der «Torkel» kauft alles. Eigentlich verdanken alle Lampert-Weine ihre Existenz besonderen Umständen. Ursprünglich konnte es sich Johannes trotz abgeschlossener Lehre gar nicht vorstellen, Selbstkelterer zu sein. Aus Spass hatte er 2017 versuchshalber für seine Freunde zwei Fässchen Pinot gekeltert. Der Erfolg war durchschlagend. Für das Winzerfest 2020 produzierte er ein Fass Blanc de Noirs. Als der Anlass aus bekannten Gründen ausfiel, musste eine Lösung her. In der Not zeigte er den Wein Oliver Friedrich, der begeistert war und gleich die gesamte Produktion aufkaufte, um sie in seinem «Alten Torkel» auszuschenken. Ein Publicity-Schub sondergleichen und ein Meilenstein in der Geschichte des jungen Guts.
Glücksfall Schäumer. Auch der Merlot hat seine besondere Geschichte: Johannes wollte die Ernte einem Weingut anbieten. Dieses stellte in Aussicht, die schönen Trauben in einer Cuvée zu versenken. Myriam und Johannes fanden das schade und beschlossen, doch selbst zu keltern. Zum Glück, finden wir, denn ihr Merlot ist hervorragend und vielseitig einsetzbar. Zum Schluss der Pinot Blanc Brut. In einer Parzelle mit Pinot Blanc legt die Bodenbeschaffenheit eine vorzeitige Ernte nahe. Myriam und Johannes machten aus der Not eine Tugend und kreierten einen Schäumer ohne Dosage, der elegant zwischen Hefe und Frucht balanciert. Er wird anfangs Mai Premiere haben - kein Zweifel, dass er ein Renner sein wird.
Coup de Coeur: Pinot Noir 2017 (Myriam), Pinot Noir 2020 (Johannes)
Das liegt im Keller: Pinot Blanc Brut (ab 1. Mai 2025); Pinot Noir 2023; Merlot 2023
Drei GaultMillau-Köche mit Lamperts Jenins-Weinen: Siggi Tschurtschenthaler im «Adler» Fläsch (15 Punkte). David Esser im «Alten Torkel» Jenins (14 Punkte). Reto Hofer im «Candela» St.Gallen (13 Punkte).
Das passt zusammen: Lammracks vom Holzkohlegrill (Green Egg) mit selbstgebackenem Brot oder Würfeln von eigenen Kartoffeln, beides ebenfalls vom Green Egg, zu Merlot.