TInterview: Elsbeth Hobmeier | Fotos: Hans-Peter Siffert

Aus dem Languedoc kommt viel Massenwein. Doch mit Gérard Bertrand ist dort auch der weltweit grösste biodynamische Produzent tätig. Ein Widerspruch? 

Das Languedoc hatte lange das Image einer Massenweinregion, heute wird vermehrt auf Qualität und Diversität der Terroirs gesetzt, auch bei hochwertigen biologischen und biodynamischen Weinen. Nicht zuletzt die EU-Rodungspläne führten zu einer Reduzierung des Weinüberschusses. War Fitou lange die einzige Appellation, wurden 1985 Corbières, Minervois und die umfassende Appellation Languedoc auf AOC-Status gehoben, inzwischen zählt man 23 AOCs und 20 IGPs.  

Teilweise werden Rebberge mit Maultieren statt mit Traktor bearbeitet. Ist das besser für den Wein? 

Mit der Mechanisierung verschwand das Nutzvieh fast vollständig aus den Weinbergen. Die Biodynamie setzt jetzt wieder Kühe für die Düngung, Pferde und Maultiere als Zugtiere, Schafe für die Unkrautbekämpfung und Hühner für die Schädlingsbekämpfung ein. Es soll so ein natürliches Gleichgewicht geschaffen werden. Besserer Wein? Das ist nicht direkt nachweisbar. Pferde oder Maultiere verdichten jedenfalls den Boden weniger als Maschinen, was der Vitalität der Reben und dem Ertrag zugutekommt. Auch darum erlebt traditionelle Bearbeitung mit Pferden eine kleine Renaissance. 

Aus den meist kräftigen Languedoc-Rebsorten werden vorwiegend Assemblagen gekeltert. Gibt es auch reinsortige Weine? 

Es gibt im Languedoc viele Assemblagen, aber auch reinsortige Weine. Der Trend geht auch in dieser Region Richtung Rosé und Weisswein. Dafür sinkt der Anteil der Rotweine kontinuierlich, er war 2024 nur noch bei 40 Prozent. Dafür sind Rosés innerhalb von acht Jahren von 25 auf 33 Prozent gestiegen, und Weisse von 22 auf 27 Prozent. 

Weinberge von L'Hospitalet in der La Clape

Es duftet nach Rosmarin: Weinberge in der La Clape.

Die Topparzellen auf Hospitalet werden mit dem Maultier bearbeitet

Das Maultier verdichtet den Boden weniger als eine Maschine.

Wie steht es im Languedoc mit dem gehätschelten Parzellenwein?  

Einzellagenweine, die aus den Trauben eines einzigen Rebbergs oder sogar nur aus einem einzigen Abschnitt entstehen, werden weltweit immer zahlreicher. Im Languedoc bleiben sie eine Seltenheit.  

Einzelne Winzer der grössten Genossenschaft stehen mit ihren besten Weinen hinter der «Cuvée Mythique». Wie beurteilen Sie diese Assemblage? 

Die «Cuvée Mythique» 1990 wurde von Robert Parker als erster Wein aus dem Languedoc mit 90 Punkten geadelt. Das war auch das Ziel, denn diese Cuvée sollte der Welt beweisen, dass im Languedoc-Roussillon beste Qualität erreicht werden kann. Bis heute ist es ein herausragender, komplexer Wein mit einem Reifepotenzial von zehn oder mehr Jahren – und einem ausgezeichneten Preis-Leistungs-Verhältnis. Inzwischen gibt es im Languedoc viele gute Weine. Der 2001er Clos des Truffiers Coteaux du Languedoc AOC erreichte gar das Maximum von 100 Parker-Punkten.  

Die «Cuvée Mythique» wird jährlich neu komponiert. Gibt es Schwankungen? 

Ein Wein, der aus verschiedenen Traubensorten und einem grösseren Gebiet zusammengestellt wird, kann klimatische Schwankungen eines Jahrgangs ausgleichen. Daher zeichnet sich die «Cuvée Mythique» durch eine konstante Qualität mit nur minimalen Abweichungen aus. 

Bertrand auf dem Fussweg zur Villa Soleilla

Der biodynamische Winzer Gérard Bertrand will Orange Wine gross machen.

Im Süden des Languedoc duftet es intensiv nach Rosmarin. Nimmt man das im Wein wahr? 

Ätherische Öle von Pflanzen verdunsten, setzen sich auf den Trauben ab und gelangen so tatsächlich in den Wein. Es ist erwiesen, dass in Australien Eukalyptusbäume den Wein prägen – in Südfrankreich ist es die Garrigue, das mediterrane Buschland. Dieser Begriff wird auch oft für Aromen von wilden Kräutern verwendet. 

Der biodynamische Winzer Gérard Bertrand will den Orange Wine revolutionieren. Wird das ein Thema? 

Orange Wine wird wie Rotwein hergestellt, jedoch aus weissen Trauben. Der Saft wird mit Schalen, Kernen und manchmal Stielen bis zu ein Jahr lang vergoren. Solche Weine variieren farblich von Gelb bis Orange, und der Geschmack ist oft ungewöhnlich. Es ist ein Nischenprodukt, auch weil Orange Wine in vielen Ländern rechtlich nicht klar definiert ist. Es wird einiger Aufklärung bedürfen, um die Besonderheiten von Orange Wine zu verstehen, auch wenn er aus dem Languedoc kommt.