Text: Knut Schwander I Fotos: Catherine Gailloud

Eine gute Adresse. Das friedliche Dorf Féchy, mitten in den Rebhängen der La Côte, besteht aus eleganten Herrenhäusern, soliden Gebäuden aus mehreren Jahrhunderten und einer Auberge. Ein Schmuckstück ist auch die Domaine La Colombe der Familie Paccot. «Mein Grossvater kaufte dieses Haus so um 1900 herum», sagt Raymond Paccot, der Winzer, welcher diese Weine zu ihrem heutigen Ruhm begleitet hat. Die vielen Plaketten an der Türe beweisen es: Das Emblem der Mémoire de Vins Suisses, eine Vereinigung von 57 aussergewöhnlichen Schweizer Winzern; und die Tafel «Ikone des Schweizer Weins» von GaultMillau. Sie bekräftigen es: Hier ist man an einer guten Adresse. Grosses Bild oben: Laura Paccot mit ihrem Vater Raymond Paccot.

 

Vom Vater zur Tochter. Das Weingut hat soeben die Hand gewechselt, Anfang dieses Jahres hat Raymond Paccot die Verantwortung seiner Tochter Laura übergeben, der jüngsten von drei Schwestern, welche bereits seit über fünf Jahren mit ihm zusammenarbeitet. «Ich habe ihr die Liebe zum Handwerk vererbt und soviel Wissen wie möglich weitergegeben, dass sie abheben kann… wie la colombe, die Taube», sagt der 70-jährige Vater. Und meint schmunzelnd, er könne sich jetzt zurückziehen, weil der Betrieb gut aufgestellt sei für die Zukunft. Trotzdem bleibt er hier und ist bereit, seine Tochter zu unterstützen, die frotzelt: «Ja, du kommst jetzt morgens ein bisschen später… erst um acht Uhr». Für einen Pensionierten ist das akzeptabel. Denn beiden ist klar: Es gibt viel zu überliefern, in der Welt des Weins geht nichts auf die Schnelle. Da sind die Reben, die kommerzielle Seite, die Leitung des Teams (neun Vollzeitangestellte plus Saisonniers für Ernte und Laubarbeit) und die Ausbildung der Lehrlinge. «Es ist komplex, aber glücklicherweise verstehen wir uns gut», sagen Vater und Tochter, ein offensichtlich perfektes Duo.

Domaine Colombe Paccot

Im frei zugänglichen «Conservatoire du chasselas» werden die verschiedenen Pflanzen der Rebsorte vorgestellt.

Domaine Colombe Paccot

Raymond Paccot: «Ich habe meiner Tochter so viele Informationen wie möglich gegeben».

Eine junge Familie. Laura, die fröhliche Dreissigjährige, hat die Ecole hôtelière de Lausanne (EHL) mit einem Diplom abgeschlossen. Als Winzerin bildete sie sich zuerst in Südafrika und danach in der Schweiz weiter, bei Monika und Daniel Marugg in Fläsch GR und bei Denis Mercier in Sierre. Sie ist zudem Mutter von zwei kleinen, ein- und vierjährigen Töchtern. Wenn Raymond nicht in den Reben oder im Keller arbeitet, ist er mit seinen zwei Enkelinnen zusammen. «Das macht mir riesig Freude», sagt er - aber manchmal müsse er bewusst in die Reben, damit auch Laura Zeit mit ihren Mädchen Jeanne und Apolline verbringen könne. Die junge Familie zieht jetzt ins Elternhaus in Féchy. Aber wann immer die Kinder können, begleiten sie ihren Vater Nael nach Pompaples VD, wo er als Landwirt und Züchter von Milchkühen tätig ist. «In ihrem Alter ist das ‚Schöppelen‘ von kleinen Kälbchen halt weit lustiger als die Reben», lacht Laura. Mit ihren zwei unterschiedlichen Berufen hätten sie die grosse Chance, sich einem früheren Ideal anzunähern: «Zwei Güter, die möglichst autonom sind, mit eigenem Holz für die Heizung, mit Landwirtschaftsflächen zum sich ernähren, mit Tieren für die Milch, das Fleisch und für natürlichen Dünger. Und mit Rebhängen für den Wein», fasst Raymond Paccot zusammen. Als Laura und ihre Schwestern Chloé und Marion noch Kinder waren, halfen sie ihren Eltern gerne bei der Arbeit. «Vor allem das Abfüllen der Flaschen liebten wir», erinnert sich Laura. «Aber ich hatte nie das Ziel, dass sie das Weingut übernehmen müssen», betont der Vater.

Domaine Colombe Paccot

Laura wurde von ihrem Vater in die Magie des Weinbaus eingeführt.

Domaine Colombe Paccot

Laura mit ihren Eltern: Violaine und Raymond Paccot

Domaine Colombe Paccot

Laura Paccot wird verstärkt auf naturbelassene Weine setzen.

Wertvolles Erbe. So ist es bei den Paccots: Die Kinder wollen nicht übernehmen und die Eltern sind so weise, keinen Druck auszuüben… und am Ende geht der Übergang völlig natürlich vor sich. «Schon mein Vater wollte zuerst nicht und kam dann aufs Gut zurück», erzählt Raymond Paccot. Ihn selber habe sein Vater gedrängt, etwas ausserhalb der Reben zu lernen. So begann er zuerst ein Studium, das ihm aber nicht behagte. Daher entschied er sich für eine Ausbildung in Landwirtschaft und Rebbau und schätzte diese Arbeit. Aber erst, als der Vater den Verkauf der Domaine überlegte, habe es bei ihm Klick gemacht. Bei Laura kam dieser Klick in der Hotelfachschule. «Eigentlich sah ich mich eher in der Gastronomie. Erst in den Weinkursen und den Degustationen realisierte ich, wie wertvoll mein familiäres Erbe ist. Da begann bei mir eine andere Sicht der Dinge», erzählt sie. 

 

Mutter Violaine wacht übers Büro. Für die junge Laura war der Obstgarten ihr Lieblingsplatz. «Wir spielten im hohen Gras zwischen den Kirschen- und Apfelbäumen. Aber immer wieder gingen meine Schwestern und ich zu Jason in den Keller. Er zeigte uns viel, das begeisterte uns». Inzwischen ist Jason seit 22 Jahren im Haus. Er wurde Kellermeister und damit einer der Eckpfeiler des Familienweinguts, das funktioniert wie eine Familie. Mit Violaine, der Mutter von Laura, die seit Jahren über das Büro wacht. «Sie wirkt im Stillen, aber unbeugsam, ihr verdankt das Unternehmen sehr viel». Auch sie stammt - wie könnte es im Land der Reben anders sein - aus einer Winzerfamilie und ist in Bougy aufgewachsen. In einer so gut eingespielten Welt fragt man sich natürlich, was sich mit Laura an der Spitze verändern könnte? «Es ist eine Evolution, eine Weiterentwicklung, nicht eine Revolution», sind sich Tochter und Vater einig. Unter den verschiedenen Projekten findet sich auch die geplante Vergrösserung des Kellers von Grossvater Roger aus dem Jahr 1961, mit dem Wunsch, die gesamte Produktion an einem Ort zu vereinen.

Domaine Colombe Paccot

Frische und Charakter: Dieser Chasselas ist 22 Monate gereift.

Domaine Colombe Paccot

Subtil & mit einer schönen Farbe: Dieser Amédée wird aus der Rebsorte Savagnin hergestellt.

Blick in die Zukunft. Der Generationenwechsel bei den Paccot zeigt sich vor allem an einer anderen Sicht auf den Wein. «Laura hat die Vision von noch feineren Weinen. Sie setzt auf Lagen, die ihr Terroir und ihr Klima widerspiegeln», sagt Raymond. Genauso setzt sie auf Bio und ergänzt die Palette mit Naturweinen. Sie möchte weg von den Inox- und Betontanks, zurück zum Holzfass. «Ein guter Wein kann unvollkommen sein. Aber er soll klingen, soll ausgewogen sein, soll Emotionen wecken», sagt sie. Aus diesem Grund will die junge Winzerin künftig auch mehr Flaschen lagern und altern lassen, bis dass der Jahrgang wirklich auf seinem Höhepunkt ist. «Diese Lagerung müssen wir übernehmen, viele unserer Kunden haben nicht die geeigneten Keller dafür». Dies trifft wohl kaum auf das Hôtel de Ville de Crissier zu, das die Weine der Domaine La Colombe seit vierzig Jahren anbietet. Ein grosses Plakat des Malers Walter Mafli im Verkaufslokal der La Colombe zeigt einen Wein der Domäne mit dem Slogan: «Bayels, le Féchy à Frédy.» Frédy Girardet ist dabei als «vigneron d’honneur» vermerkt. Diese Werbung wurde einst vom Waadtländer Staatsrat bestellt - als Ehrung für jenen Mann, den GaultMillau als «Jahrhundertkoch» erkannte. Keine Frage, dass Girardet zum grossen Fest in Crissier eingeladen ist, mit welchem die Familie Paccot die Übergabe von Raymond an Laura feiern wird. 


>> www.lacolombe.ch