Text: Elsbeth Hobmeier Fotos: Hans-Peter Siffert
Den Mönchen sei Dank. Sie schichteten im 19. Jahrhundert diese imposanten Stützmauern und Terrassen der Clos de Cochetta auf. Sie muten wie ein Wunder an - wer einmal durch den unterirdischen Tunnel in diese exponierte Reblage gestiegen ist, die wie ein Vogelnest am Steilhang oberhalb von Sion klebt, wird dieses Erlebnis nie mehr vergessen. Klar, dass hier einzig Handarbeit möglich ist - und das erst noch mit grosser Vorsicht. Allerdings: Wo die Mönche die Trauben mühevoll hinunter ins Tal schaffen mussten, wird heute ein Helikopter eingesetzt für die «Bergung» der Chasselas- und Petite-Arvine-Trauben, die hier auf 700 Metern Höhe und mit grösstmöglicher Besonnung reifen. Weine der Maison Gilliard sind bei Coop und Mondovino im Angebot. (Grosses Bild oben: Samuel Planchard, Betriebsleiter im Clos de Cochetta)
Die Legende «Dôle des Monts». Die Maison Gilliard verfügt mit seinen Rebbergen über einige der schönsten Lagen der Schweiz. Neben Cochetta auch Clos du Brûle-Fer, wo ein fruchtiger Johannisberg gedeiht. Und der historische Clos du Mont mit Blick auf die Schlösser Valère und Tourbillon, der dem berühmten Dôle des Monts seinen Namen leiht. Dieser klassische, samtige Dôle mit dem legendären schwarz-goldenen Etikett vereint Gamay und Pinot Noir und wird seit 135 Jahren abgefüllt. Ein weiteres Aushängeschild des Hauses, der Fendant Les Murettes, kann heuer sein 100jähriges Jubiläum feiern. Er wurde 1921 für das eidgenössische Schützenfest in Bex kreiert (notabene ein Walliser Wein fürs Waadtland!), die Kirche von Bex auf dem Etikett erinnert heute noch daran.
Mit Tradition in die Zukunft. Clos du Mont und Clos du Brûle-Fer waren damals die ersten Aquisitionen des vorausblickenden Firmengründers Edmond Gilliard. Sein Nachfahre Robert Gilliard erweiterte das Sortiment stetig, nach ihm erlebte das Haus einige Auf und Ab, bis es 2006 vom Weinhaus Schuler übernommen wurde. Ein neues modernes Produktionsgebäude mit einer automatischen Abfüllanlage für bis zu 15’000 Flaschen täglich entstand. Doch in den alten Gewölbekellern scheint die Zeit still gestanden zu sein: Die riesigen Holzfässer im Salle de Foudre sind beeindruckend und geben eine prächtige Kulisse für Degustationen und Feiern ab. Sie sind allerdings nur noch Dekoration, die Weine reifen je nach Sorte in Cuves aus Inox oder in den 150 Barriques. 22 Rebsorten wachsen auf den von Gilliard bearbeiteten 64 Hektaren zwischen Saillon und Leuk. «Neben der Linie Les Grand Murs pflegen wir auch Les Classiques und Les Trésors de Famille sowie Les Tonneliers mit Weinen, die im Holz ausgebaut werden», erklärt Generaldirektor Grégory Dubuis, der seit 2018 die Geschicke des Hauses leitet. Seit letztem Jahr besteht zudem eine Allianz mit den Domaines Chevaliers in Salgesch - künftig will man einige Weine gemeinsam entwickeln.
Extreme Vielfalt. Zu Gilliard gewechselt hat auch der Önologe Samuel Panchard, welcher zuvor viele Jahre bei Provins tätig war. «Die Vielfalt ist verrückt», sagt er mit Blick auf die rund 60 verschiedenen Labels. Er habe jedoch inzwischen alle Lagen und Parzellen inspiziert, «sie sind in einem sehr guten Zustand», freut er sich. Hier wachsen viele der alten Walliser Traubensorten wie Heida, Petite Arvine, Marsanne, Roussanne, Cornalin, Humagne rouge. Allein von der Petite Arvine produziert Gilliard vier verschiedene Abfüllungen, vom Heida sind es drei. «Je nach Lage und Terroir schmecken sie völlig verschieden», erklärt Panchard, «auf den Kalkböden von Sion zeigt sich zum Beispiel die Petite Arvine weit frischer und fruchtiger als etwa in Fully».