Interview: Elsbeth Hobmeier | Fotos: Hans-Peter Siffert

War es immer Ihr Wunsch, das berühmte Familienweingut in Beride zu übernehmen?

Ganz und gar nicht! Wir sind ja hier aufgewachsen, verreisten nie in die Ferien, das war mir als Kind manchmal etwas gar zu intensiv. Meine Leidenschaft waren Pferde, ich bewegte mich lieber in der Pferde- als in der Weinszene und war ganz glücklich in Italien. Aber dann kam mein Vater an einem Weihnachtsmorgen zu mir und zu meinem Bruder und sagte: Ich lasse euch eure Freiheit und dränge euch zu nichts. Aber ich werde auch nicht jünger, und wenn ihr beide kein Interesse habt, muss ich an einen Verkauf denken. «Das geht doch nicht, das ist unsere Heimat», sagten wir schockiert. Und beschlossen, es miteinander zu versuchen, obwohl mein Bruder und ich völlig verschiedene Charaktere sind. 

 

Aber zuerst mussten Sie ja das Wein-Handwerk erlernen?

Ja, klar, das war dann die Konsequenz. Ich arbeitete zuerst auf einem Weinbaubetrieb in Sizilien mit und begann danach in der Schweiz eine Winzerlehre. Bei der Familie Perrochet auf Maison Carrée in Auvernier konnte ich richtig ins Metier eintauchen. 2018 schloss ich die Ausbildung ab und stieg bei uns zuhause in Beride ein. 
 

Myra und Christian Z¸ndel,Beride, Tessin,Ticino, Schweiz, Suisse, Svizzera,Switzerland,

Gute Beziehung innerhalb der Familie: Weinpionier Christian Zündel mit seiner Tochter Myra.

Wie teilen Sie die Aufgaben innerhalb der Familie auf?

Mein Vater übergab mir sogleich alle Bereiche, die er nicht so gerne macht: Verkauf, Büro, Keller. Dafür widmet er sich umso engagierter seiner Leidenschaft, den Rebbergen. Mein Bruder lebt und arbeitet in Zürich, aber er hilft mit, wann immer er kann. Den Wein degustieren wir alle zusammen mit unseren Mitarbeitern. Und meinen Vater kann ich immer fragen, wenn ich etwas wissen will. Da bin ich sehr froh darum.

 

Gehen Sie den vom Vater eingeschlagenen Weg weiter? 

Ich bin stolz auf unseren Betrieb und auf unsere Weine. Und stolz, was mein Vater als ein Pionier der Biodynamie gemacht und erreicht hat. Ich glaube an diese Anbau-Methode und führe sie weiter. Natürlich habe ich auch eigene Ideen, ich arbeite in den Reben jetzt immer öfter mit einem Pferd und würde auch gerne Gänse halten. Ich liebe Tiere und hätte gerne ganz viele, aber die nötige Zeit fehlt mir jetzt noch. 

 

Haben Sie auch schon einen eigenen Wein kreiert?

Mein erstes «Wein-Kind» ist ein Rosé aus Merlot, er ist kräftig, etwas frech und kommt sehr gut an. Der 2019er war der erste Jahrgang, auch der 20er geriet gut. Ich bin am Ausprobieren und finde es richtig aufregend. Im Angebot haben wir mit dem mineralischen Erbaluce auch einen neuen Weissen, diese Traube aus dem nördlichen Piemont hat noch mein Vater gepflanzt. Aber es ist klar, dass Merlot unsere Hauptsorte bleibt. Der Terraferma feiert dieses Jahr sein 40-jähriges Jubiläum, das ist doch schon eine recht lange Geschichte. Und der Orizzonte bleibt unser Flaggschiff. 
 

Myra Z¸ndel Rebberg Neuanlage,Beride, Malcantone, Tessin,Ticino, Schweiz, Suisse, Svizzera,Switzerland,

Tierliebhaberin Myra in Ihrem Element: «Ich arbeite in den Reben immer öfter mit einem Pferd!»

Wie steht es mit Projekten wie «Terre di Confine» und den Baumpflanzungen?

Sie gedeihen, aber brauchen ihre Zeit. Für «Terre di Confine» möchten wir immer wieder mal Trauben aus den nahen Grenzregionen kaufen und bei uns keltern, den Anfang machten wir mit einem Nebbiolo aus dem Veltlin. Und die Bäume in unseren Rebbergen wachsen, dies ist ein Herzensprojekt meines Vaters Christian. Er hat wilden Pfirsich, Kornellkirsche, Maulbeer und wilden Ahorn angepflanzt. Alle diese Bäume waren früher schon mal hier, mussten dann aber der Mechanisierung weichen. Unsere Rebberge sehen bereits ganz anders aus, ein richtiger Dschungel, ein Paradies für Pflanzen und Tiere und auch gut für die Landschaft und fürs Klima. 

 

Sie tönen begeistert.

Ich habe super Vertrauen in ihn und in sein Wissen. Ich bin auch froh über unsere gute Beziehung innerhalb der ganzen Familie. Wir alle sind ausgeprägte Individualisten, ein jeder ist auf seine Weise dominant. Damit ist für Diskussionen gesorgt, aber unsere Streitkultur ist erprobt und konstruktiv. 

 


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