Text: Elsbeth Hobmeier Fotos: Hans-Peter Siffert

Kieselsteine. Überall Kieselsteine. La Jara heisst im Dialekt des Veneto „Kiesel“. La Jara haben die Brüder Massimo und Paolo Marion deshalb ihr Weingut genannt. Denn die Steine, welche der Fluss Piave einst in die Rebberge trug, machen ihren Bio-Prosecco so komplex und mineralisch, dass er zu den allerbesten der DOC-Region gehört. Die Steine hat der Fluss Piave einst hier abgelegt. Die Rebstöcke scheinen in den Steinen zu wurzeln. «Diese einzigartige Bodenbeschaffenheit ist unser Glück», weiss Massimo Marion, Gründer und Mitinhaber des Weinguts, «die weissen Kieselsteine speichern die Wärme des Tages und geben sie in der Nacht langsam wieder ab». Genau das, so betont er, verleihe seinen Weinen jenen frischen Duft und das fruchtige, komplexe Bukett. Er hat wohl recht. Denn der Prosecco von La Jara gehört zum Besten, das im DOC-Gebiet rund 50 Kilometer nördlich von Venedig wächst.

Rebberge aug Flussschwemmland auf Kieselbeet

Die Reben scheinen in den Kieseln zu wurzeln, die der Piave mitgebracht hat.

Santuario di Collagù, typische Landschaft der DOCG Zone

Im hügeligen Gebiet zwischen Valdobbiadene und Conegliano wächst der beste Prosecco.

Des Schweizers Liebling. Der Star der Kellerei ist der Prosecco Extra Dry mit einer goldenen Etikette - die Schweizer Konsumenten lieben diesen fruchtig-harmonischen Schäumer. 80’000 Flaschen werden jedes Jahr an Coop geliefert, «eine super Erfolgsgeschichte», freuen sich die Brüder Marion. Genauso stolz sind sie auch auf den Zero, einen knochentrockenen Spumante extra brut, der gut zu Sushi und zu Fisch passt. Und auf den süffigen Pinot grigio Spumante Rosé  mit leichtem Pink-Ton und viel Frucht. Für Manager Massimo und den Önologen Paolo Marion war immer klar: Dieses spezielle Terroir wollten sie biologisch-natürlich bebauen. Als sie vor 20 Jahren den ersten Bio-Prosecco auf den Markt brachten, schlug ihnen in Italien viel Unverständnis und Argwohn entgegen. Massimo Marion drehte den Spiess um, setzte voll auf Export und beliefert seine Kunden heute weltweit - in Italien bleibt nur ein schwaches Prozent der jährlich über eine Million abgefüllter Flaschen.

Perlage, der Bio-Pionier in den Hügeln. Im hügeligen Gebiet zwischen Valdobbiadene und Coneglia, das soeben zum Unesco-Weltkulturerbe erhoben wurde, war Ivo Nardi der erste Winzer, der auf Bio setzte. Seine Perlage-Weine sind in der Schweiz geschätzt, sogar von überzeugten Veganern. Ivo Nardi bückt sich, streichelt beinahe zärtlich die Brennnesseln und die Blumen, die einen dichten Teppich zwischen den Rebzeilen weben und sagt: «Sie sind gut für das Klima, sie vermindern das CO2». Und auch gut für die Tiere, die hier leben, den Fuchs, die Rehe, die Wildschweine und die vielen Vögel. «Wir waren 1981 die Ersten, die auf Bio umstellten und 1985 die Ersten, die biozertifiziert wurden», betont Ivo Nardi. Damit ist er auch heute noch eine Ausnahme. Einzig vier Prozent der DOCG-Fläche werden von inzwischen zwei Betrieben biologisch bearbeitet.

Ivo Nardi, Präsident im Weinberg RIVA MORETTA,

Ivo Nardi lässt Brennnesseln im Weinberg Riva Moretta mit 70-jährigen Reben wachsen.

Ein Naturaplan-Rebberg für die Schweiz. Er geht freiwillig noch einen grossen Schritt weiter und verwendet bei der Weinbereitung, aber auch im Keller keinerlei tierische Produkte. «Das schätzen Veganer, Tierschützer, aber auch Allergiker und Klimabewusste», sagt er. Und die anderen stört es nicht, sie schätzen die hervorragende Qualität des Perlage-Prosecco. Zum Beispiel den Animae Brut, den Col di Manza Extra Dry und den Quorum Extra Dry. Dieser Quorum wächst in einem speziellen Rebberg. «Wir pflegen die Trauben hier nach den Vorschriften von Biosuisse, die sind weit strenger als unsere italienischen Bio-Regeln», erklärt Ivo Nardi. Deshalb dürfen die für Mondovino bestimmten Flaschen die Bezeichnung Naturaplan tragen. Ein eigener Rebberg für die Schweiz mitten im DOCG-Unesco-Gebiet in Italien! Doch Nardi ruht nicht, er sprudelt vor Ideen. Zurzeit verfolgt er das Projekt «Plastikfreier Rebberg». Er ersetzt alle Kunststoffhalterungen durch natürliche Materialien und verwendet keine Fadenmäher mehr. Man spürt: Hier ist ein Mann am Werk, der seine Ziele still, aber konsequent verfolgt, der keine grosse Show, aber dafür grosse Weine macht.

 

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