Text: Elsbeth Hobmeier I Fotos: Hans-Peter Siffert
Der Selfmade-Mann aus der Waadt. Die ersten Weine von Michel Reynolds aus Vaux-sur Morges VD hiessen Pari de Midi und Pari de Minuit, auf deutsch Mittags- und Mitternachts-Wette. Denn er schloss mit Kollegen die Wette ab, dass er fähig sei, aus den Trauben eines Freundes einen eigenen Wein zu keltern. Gesagt, getan. Die beiden «Pari» überzeugten, die Wette war gewonnen. Das war 2016. Zwei Jahre später erstand Reynolds sechs Barriques, nochmals zwei Jahre danach konnte er einen Rebberg mieten und eine halbe Hektare kaufen. Seinen ersten «Keller» richtete er in einer Scheune ein, kaufte das Nötigste an Ausrüstung und gründete die Domaine Le Grand R. «Ich will nur so gross werden, wie ich es selbst bewältigen kann», sagt der Selfmade-Mann.
Lernen von den Grossen. Was ein bisschen improvisiert anmutet, ist bei näherem Hinschauen smart geplant. Rookie Michel Reynolds hat sein Handwerk gründlich gelernt. Er absolvierte die Weinbauschule Changins, arbeitete bei den Grossen der Szene wie bei Henri Cruchon und Raymond Paccot, ging ins Burgund und sammelte auch im Grossproduzenten-Keller von Testuz Erfahrungen. Der «Rookie»: «Ich möchte grosse Weine machen. Das gibt viel zu tun und kostet auch viel.» Heute füllt Reynolds 5000 Flaschen ab, die maximale Kapazität sieht er bei 10’000 Flaschen. Der Erlös reicht momentan noch nicht aus für seinen Lebensunterhalt; er arbeitet daneben im Keller anderer Weinproduzenten.
Etiketten in Blindenschrift. Die Etiketten der Grand R-Weine lassen sich auch ertasten, denn sie sind in der Blindenschrift (Braille) geprägt: «Meine Weine sollen alle Sinne ansprechen, man soll sie auch berühren können.» Im Angebot sind neben dem Chardonnay Pari de Midi und dem Gamay Pari de Minuit der Chasselas La Balade, der Pinot noir L’Indémodable, die Assemblage Le Gourmand, der Rosé Le Festif und der Schäumer Grande Cuvée. Bis auf den Chasselas werden alle Weine in Eiche ausgebaut, der gesamte Betrieb arbeitet biodynamisch. Momentan richtet Michel Reynolds in seinem Haus einen Degustationsraum ein, «rund um eine alte Presse und sehr gemütlich». Am 18. November ab 10 Uhr wir er eingeweiht, mit eigenem Wein und Kürbissuppe.