Text: David Moginier I Fotos: Sedrik Nemeth

Fast wie ein Rennen. 2 Stunden 14 Minuten, das war die Rekordzeit von Thierry Constantin, als er Schweizer Marathon-Champion war. Der ehemalige Athlet übt jedoch einen Beruf mit völlig anderen zeitlichen Vorgaben aus. Aber auch jetzt als Winzer beweist er seine Sportlichkeit und seine Individualität, indem er ganz allein in seinem Keller in der Nähe von Sion arbeitet. «Delegieren macht mir Mühe», gesteht er. Aber er weiss auch: «Das ist schwierig für mein Umfeld. Mein Leben dreht sich zu hundert Prozent um den Wein». Dieses Metier verlange einen enormen Einsatz, aber es sei von klein auf seine Passion. «Schon im Kindergarten hätte ich mir nichts anderes vorstellen können als Winzer zu werden. Und ich bin noch nie mit dem Gedanken aufgewacht, das alles sei eine Fronarbeit».

 

Restaurants sind gute Kunden. Als Thierry Constantin 1995 von seinem Vater die vom Grossvater gegründete Domaine übernahm, hatte er bereits klare Vorstellungen: Fertig mit dem Verkauf der Trauben, er wollte einen eigenen Wein machen. Von den ursprünglich 12 Hektaren Land behielt er nur 5,5 Hektaren des besten Terroirs für jene Rebsorten, die er anpflanzen wollte. Mit viel Voraussicht plante er den Aufbau seines Betriebs, im Blick hatte er vor allem die Restaurateure, welche heute auch zwei Drittel seiner Kundschaft ausmachen. «Ich mache Weine für die Gastronomie und ich wollte meine Abnehmer dort finden. Denn ich esse ja auch sehr gern.»

 

Genauigkeit und Spannung. Der in Changins ausgebildete Winzer ist bekannt für seine ausgefeilten Weine, denen er genügend Zeit für ihre Entwicklung lässt. «Ich setze auf mehr Extraktion, ich will die Spannung erhalten. Und meine Weissweine durchlaufen nie eine zweite Fermentation, sie reifen auf der Hefe». Jeder Jahrgang kommt erst nach zwei Wintern in den Verkauf. «Weil ich nicht in Eile bin, muss ich auch weit weniger eingreifen», sagt der Winzer, der seine eigene Linie geprägt und damit sein Publikum gefunden hat.

 

Beständigkeit als Motto. Mit seinen 54 Jahren hat sich Thierry Constantin noch nie um Erneuerung gerissen. Er lässt seine Reben altern, um die Qualität zu erhöhen. Er begeistert sich für seinen Païen, den er in Barriques reifen lässt, «das ist der Wein, den ich mit der Wahl des Holzes am meisten formen kann». Im Jura heisst diese Traubensorte Savagnin blanc, daraus wird dort der Vin jaune. Im Wallis macht Thierry ebenfalls einen «Vin de voile», einen Wein mit Schleier, um mit der Oxydation zu spielen. Er bedauert einzig, dass seine Region zu warm ist für einen ganz grossen Riesling, den er so gern trinkt.

 

Das liegt im Keller: Weiss: Fendant, Sauvignon blanc, Viognier, Petite Arvine, Païen, Amigne, Sylvaner grain noble, Païen en vin de voile. Rot: Gamay, Pinot noir, Humagne rouge, Syrah, Cornalin, Assemblage Merlot-Cabernet. Rosé: Gamay und Pinot noir.

 

Coup de Coeur: Païen/Heida 2021: «Ich habe damit bei Null angefangen, ich habe zuerst das Terroir gesucht, das ihm entspricht und ihn dann im Barrique reifen lassen.»

 

Das passt zusammen: Dieser Païen mit einem pochierten Ei mit Morcheln, oder im Frühling mit Spargel.

 

Drei Gault-Millau-Chefs mit Weinen von Thierry Constantin: Anne-Sophie Pic im Restaurant Anne-Sophie Pic/Beau-Rivage Palace Lausanne (18 Punkte), Antoine Gonnet im Pont de Brent in Brent (17 Punkte), Gilles Varone im Restaurant Gilles Varone in Savièse (15 Punkte).

 

>> www.thierryconstantin.ch