Fotos: Stephan Thomas

Aargauer in Übersee. Der Weinbau im Aargau hat allerhand zu bieten. Die Aargauer wissen und schätzen das. Das meiste trinken sie gleich selbst weg, so dass es nur wenige Flaschen über die Kantons- oder gar die Landesgrenzen schaffen. Jene von Tom Litwan (grosses Bild oben) sind eine Ausnahme. Sie sind nicht nur in Zürich in grosser Dichte vertreten und in manchem Spitzenrestaurant des Landes auf der Karte. Tom exportiert auch nach Deutschland, in die USA und nach Hongkong. Der Erkennungswert seiner schlichten, aber originellen Etiketten ist hoch.

Stetiges Wachstum. Als wir Tom vor zehn Jahren zum letzten Mal besuchten, damals noch in Schinznach Dorf, verarbeitete sein Betrieb gerade mal den Ertrag von zwei Hektaren. Unterdessen sind acht daraus geworden. Das grösste dazugekommene Stück ist die Lage «Haghalde» in Oberhof, hinter der Wasserfluh unweit von Aarau im Jura gelegen. Hierher hat Tom denn auch seinen Betrieb verlegt. Er verarbeitet zudem Trauben aus den Gemeinden Schinznach (Chardonnay «Wanne»), Thalheim (Pinot Noir «Chalofe»), Oberflachs (Pinot Noir «Auf der Mauer»), Elfingen (Pinot Noir «Rüeget»), Herznach (Pinot Noir «Chraibel» und Riesling-Silvaner «Allemend») sowie Wittnau (Pinot Noir «Fure»).

Kein Farbstoff. Tom Litwans Passion ist der Pinot Noir. Dabei setzt er kompromisslos auf Eleganz; Muskelprotze sind nicht sein Ding. Wenn er auf die manchmal vergleichsweise helle Farbe seiner Pinots angesprochen wird, entgegnet er: «Wozu brauchst du den Wein? Zum Malen oder zum Trinken?». Die zweite Leidenschaft sind die Schaumweine, eine Sparte, die Tom noch ausbauen will. Neben einem kaum dosierten Blanc de Noirs keltert er als Kuriosum einen Schäumer reinsortig aus Petit Meslier, einer wenig bekannten Traube, die jedoch zu den zugelassenen Champagnersorten gehört. Rühmlich bekannt sind auch sein Chardonnay und der Riesling-Silvaner. Ein wenig Cabernet Franc ist ebenfalls im Sortiment, und der trockene Gewürztraminer hat uns überrascht - eine Alternative zu den oft süssen Weinen aus dieser Sorte.

Chillige Reben. Tom Litwan war und ist einer der Pioniere des biologischen Rebbaus und der Biodynamie im Aargau. «Das funktioniert, wenn man geringere Erträge in Kauf nimmt. Die Biodynamie kann dazu beitragen, den Stress aus der Rebe zu nehmen, den der Klimawandel verursacht. Man muss zwar an die Grenzen gehen - aber aus Bequemlichkeit sind noch nie grosse Dinge entstanden. Die herausragenden Weine der Welt haben zu einem guten Teil einen biodynamischen Ansatz, auch wenn sie nicht zertifiziert sind. Jedenfalls waren die Weine, die mich berührt haben, immer auf dieser Basis entstanden.»

Coup de Coeur: Pinot Noir «Chalofe» Thalheim
 

Das liegt im Keller: Schaumwein Petit Meslier Extra Brut 2019. Pinot Noir «Haghalde» Oberhof 2022. Pinot Noir «Rüeget» Elfingen 2022.
 

Drei GaultMillau-Köche mit Litwan-Weinen: Sven Wassmer im «Memories» Bad Ragaz (18 Punkte). Jérémy Desbraux in der «Maison Wenger» Le Noirmont (18 Punkte). Lukas Zehnder im «Josef» Zürich (15 Punkte).
 

Das passt zusammen: Züri-Gschnätzeltes mit Rösti zu Pinot Noir «Chalofe» Thalheim 2023 (oder 2022, nach einem Umweg über die Karaffe)
 

>> www.litwanwein.ch


Foto: HO