Text: Elsbeth Hobmeier | Fotos: Hans-Peter Siffert
Frische Weissweine, elegante Rotweine. Patrice Walpen und sein Önologe Stéphane Gauye sind ein harmonisches Gespann. Und beide wissen genau, was sie erreichen wollen: gradlinige, sortenreine Weine, die den Charakter des Terroirs verkörpern. «Unsere Weissen sollen frisch und süffig sein. Und bei den Roten suchen wir die Eleganz, das Lebendige.» Ihre Weinpalette ist gross, typisch fürs Wallis mit den vielen einheimischen Spezialitäten. Die Hauptmarke läuft unter dem Namen «Chai du Baron» und ist bei Weinfans und Gastronomen begehrt. Und die Weinlinie Léon – «so hiess mein Grossvater, und es ist mein zweiter Vorname», sagt Walpen – richtet sich an eine eher junge, urbane Kundschaft. Grosses Bild oben: Patrice Walpen.
Lieblingssorte Merlot – aus der Amphore. Jeder Wein von diesem Weingut hat seine eigene Persönlichkeit. Der Fendant aus über 50-jährigen Reben ist mineralisch, der Heida mit viel Körper wurde sehr trocken ausgebaut, der Chardonnay kommt aus dem Barrique. Der Rosé aus Syrah erinnert an einen Südfranzosen, mit Körper, aber wenig Alkohol. Der Cornalin beeindruckt mit schönen Pflaumennoten. Und der reine, kräftige Gamay Noir ist eine absolute Rarität. Patrice Walpens Lieblingssorte ist der Merlot, den er unter anderem als Collection privée in der Amphore keltert. Zum Aushängeschild wurde jedoch die Petite Arvine, die im steilen Rebberg oberhalb von Sion an der Bisse de Clavau geerntet wird: Sie hat Ausdruck, wirkt kräftig und süffig. Coop führt sie als einzigen Walliser Wein in der Fine-Food-Linie – die Kundinnen und Kunden lieben diesen Weissen.
Walpen sieht sich als Dirigent. Patrice Léon Walpen ist mit Wein aufgewachsen, in diesem Metier daheim. Er war für Jacques Germanier in Südafrika tätig und führte dann als Direktor das Weingut Les Fils de Charles Favre. «Ich bin ein Generalist, kein Spezialist», sagt er. Und sieht sich eher als «einer, der das Orchester dirigiert» und sich auf ein eingespieltes Team verlassen kann. 2015 konnte er das Weingut Chai du Baron in Bramois VS übernehmen. Das Kellereigebäude blickt auf eine lange Geschichte zurück. Im 17. Jahrhundert war es eine Stofffabrik, im Ersten Weltkrieg diente es als Arsenal, später als Lagerhalle für Früchte und als Lokal für die örtlichen Musik- und Turnfeste. Heute werden hier alle Weine der Chai du Baron gekeltert, gelagert und vertrieben; zum Weingut gehören 20 Hektar Rebland. Es ist und war eine grosse Aufgabe: «zu Beginn kam ich mir vor wie in einer Barke ohne Ruder, heute haben wir immerhin schon Segel, aber noch keinen Motor», witzelt Walpen. Der 52-Jährige hat bereits viel erreicht. Seine Weine sind in der Gastronomie und besonders in den Tourismusdestinationen in Wallis, Graubünden und Berner Oberland gut vertreten. Seit zwei Jahren führt GaultMillau das Gut auf der Liste der 150 Besten der Schweiz.
Diolinoir zur Zigarre! An weiteren Plänen fehlt es nicht: Dem Standort in Bramois möchte Patrice Walpen eine Verkaufshalle angliedern, in der ortsansässige Detaillisten Fleisch, Früchte und Gemüse anbieten können. Er tüftelt an einer «Edition limitée» mit trocken ausgebauter Marsanne, die zurzeit in drei Barriques reift. Er macht aus Diolinoir eine Art Portwein, der ideal zu einer Zigarre passt. Und mit Blick auf den alten lindgrünen Traktor Léon im Vorhof erzählt er vom Pinot Noir Tracteur Léon, den er mit Coop am kommenden 1. August lancieren will: «Ein preisgünstiger Wein in trendigem Outfit, der junge Leute wieder für diese Sorte interessieren soll.»