«Mein Umfeld wollte es nicht haben, dass ich, als Frau, Winemaker werde. Das gehörte sich damals nicht. Heute führe ich Château La Fleur de Boüard und treibe die Appellation Lalande-de-Pomerol an», erzählt mir Coralie de Boüard in einem Interview. Eigentlich hätte sie in grosse Fussstapfen treten sollen: Ihr Vater ist Hubert de Boüard, Besitzer vom Premier Grand Cru Classé klassifizierten Château Angelus. Doch Coralie geht mit einer erfrischenden Selbstverständlichkeit ihren eigenen Weg. «Ich bin sehr hartnäckig. Das hat mir geholfen.»
Coralie de Boüard ist nicht die einzige Frau, die sich in der Männerdomäne Wein behaupten musste. Marta Rovira, die in der vierten Generation die Finca Mas d’en Gil führt, übernahm das Zepter von ihrem Vater vor elf Jahren. Seither macht sie alles anders. Sie baut die Reben biologisch-biodynamisch an, kultiviert einheimische Traubensorten statt internationale, betreibt Önotourismus und piekfeines Marketing. Wie auch Coralie pusht Martha ihre Appellation Priorat unermüdlich voran.
Dass Frauen Weltklasse Weine herstellen, ist gar keine Frage mehr. Schläuche herumschleppen, Gabelstapler fahren, Pumpen reparieren und hunderte Punch-Downs durchführen gehört zu ihrem Alltag. Leider geschieht dies im Keller und kein Mensch sieht es. Deshalb fordere ich alle Winzerinnen auf: Zeigt den jungen Mädels euer Winemaking-Geschick unter dem Hashtag #kellerkönigin! Einblick in diese Welt zu gewähren, soll potenzielle Nachfolgerinnen inspirieren.
Auch im Service steigt der Frauenanteil stetig. Nicht nur weil es hier flexible Teilzeitstellen gibt, sondern weil in der Gastroausbildung oft Frauen als Experten und Ausbildner eingesetzt werden: weitere Vorbilder! Das grössere Problem ist der Umgang mit Frauen in der Weinbranche. Wenn man noch einmal die Weinkarte erst meinem Vater, einem Arbeitskollegen oder sonst einer männlichen Begleitung anbietet statt mir, raste ich komplett aus. Wenn Amanda Bulgin-Wassmer, Weindirektorin im Quellenhof im Grand Resort Bad Ragaz, noch einmal nach dem Chef-Sommelier gefragt wird, flippt auch sie aus – eventuell etwas diplomatischer als ich.
Frauen werden Master of Wines, führen Restaurants, bilden Sommeliers aus und machen Wein. Wieso wird denn immer noch ihre Kompetenz so hinterfragt? Keine Ahnung. Und deswegen nehmen wir uns weiterhin Frauen wie Coralie de Boüard und Marta Rovira als unsere Vorbilder und gehen unseren Weg. Passioniert und hartnäckig.
Hier finden Sie die Weine der obengenannten Frauen. Zudem habe ich Amanda Wassmer-Bulgin um eine Empfehlung gebeten. Somit gilt der dritte Wein als Hommage an Madame Leflaive, die schon 1994 das ganze Weingut biodynamisch machte.