Fotos: Fabian Häfeli

Zehn Hektar mit originellen Weinen. Mathilde Hug Pédeutour und Rafael Hug sind besessen von Weinlagen. So bauen sie die beiden Chardonnays «Bothmarhalde» und «Frassa» identisch aus, ebenso die Pinot Noirs «Scadena», «Bothmarhalde» und «Weisstorkel» – um später vergleichen können, wie unterschiedlich sie sich im Glas zeigen. Und tatsächlich: Obwohl die Reife des Traubenguts bei der Ernte gleich war, die Lagerzeit im Fass analog und dasselbe Holz verwendet wurde, sind die Weine klar zu unterscheiden. «Insofern ist das Burgund für uns noch immer Vorbild», gestehen sie während des Gesprächs. Auch wenn es natürlich nicht unbedingt Ziel sei, die französischen Kultregion stilistisch zu kopieren: «Auch das beste Double ist nie so gut wie das Original – und wir machen lieber ein Original», sagt Rafael Hug. Um zu verdeutlichen, welche Bedeutung die Lagen haben, liegt schon bald eine Karte auf dem Tisch, die das Dorf Malans und die Parzellen zeigt, die den Weinen des Weinguts Wegelin zu Grunde liegen: Insgesamt sind es rund 10 Hektar. Der Winzer zeigt, welche Gesteinsarten sich wo abgelagert haben. Welche Lage wie exponiert ist. 

 

 

Der Weinkeller des Weinguts Wegelin, Malans, 2024

Hier wird ausschliesslich mit wilder Hefe vergoren: Weinkeller des Weinguts.

Reportage in Malans

Wird bei Hugs degustiert, kommt schnell mal eine Landkarte auf den Tisch.

Reportage in Malans

Um Platz zu sparen, sind die meisten Gerätschaften in der modernen Kellereianlage mobil.

Weinbau im Rhythmus der Natur. Rafael Hug weiss, wovon er spricht: Seit 2012 ist er hier tätig; seit 2019 haben er als Betriebsleiter und seine Ehefrau Mathilde als Önologin hier das Sagen. Der Vorgänger Peter Wegelin, der dem Weingut den Namen gegeben hat, ist dennoch omnipräsent: «Anders als bei einer Bäckerei, wo jeden Tag neues Brot gebacken wird, haben wir bei den Weinen nur einen Versuch pro Jahr», sagt Mathilde Hug. Die Erfahrungswerte von Wegelin seien darum höchst wertvoll: Von ihm wissen sie beispielsweise, dass man keinen Bodenfrost mehr zu fürchten braucht, wenn erstmals die Grillen zirpen. Oder dass die Lage «Scadena» geerntet werden muss, wenn der Kastanienbaum in der Lage «Bothmarhalde» sich im Herbst rot färbt. Es ist übrigens ein Blatt dieses Baums, das in stilisierter Form die Etiketten der Weine ziert. 

 

Mathilde Hug Pédeutour und Rafael Hug im alten Torkel des Schlosses Bothmar.

Mathilde Hug Pédeutour und Rafael Hug im alten Torkel des Schlosses Bothmar.

Die grossen Vorbilder - und der Vater von Mathilde. Den Entscheid, auf dem Weingut biologisch zu arbeiten, habe man vor rund zehn Jahren zusammen mit Peter Wegelin getroffen. Weil das in der Bündner Herrschaft zugegebenermassen einfacher sei als anderswo: «Der Föhn und die Bise reduzieren die Nassblattdauer», sagt Hug. Und weil die biologisch produzierten Weine der Vorbilder schlichtweg faszinierender seien: Es fallen Namen wie Nicolas Joly in der Loire; Romanée Conti im Burgund, Château Pontet-Canet im Bordeaux. Oder vielleicht eine Spur überraschender: das Weingut Manincor im Südtirol. Mathilde Hug nennt nicht zuletzt ihren Vater, der zwar mit Weinbau wenig am Hut habe, aber auf dem Bauernbetrieb der Familie mit Brennnesselsud und ähnlichen natürlichen Mitteln gearbeitet habe. «Er hat ein Gespür die Natur, für Tiere und gute Produkte.» 

 

Unterwegs im höchsten Weinberg Graubündens: Mathilde und Rafael Hug in der Lage «Bothmarhalde».

Unterwegs im höchsten Weinberg Graubündens: Mathilde und Rafael Hug in der Lage «Bothmarhalde».

Reportage in MalansSorgt im Wein für Eleganz und Charakter: kalkhaltiger Schiefer.

Sorgt im Wein für Eleganz und Charakter: kalkhaltiger Schiefer.

Freut sich über die anbrechende warme Jahreshälfte: Weinbergschnecke auf dem Weingut.

Freut sich über die anbrechende warme Jahreshälfte: Weinbergschnecke auf dem Weingut.

Presse aus dem 17. Jahrhundert. Was Hug zuvor auf der Karte gezeigt hat, zeigt er nun in der «Bothmarhalde», der höchstgelegenen Weinlage im ganzen Bündnerland auf 700 Metern über dem Meer. Die nach Süden exponierte Steillage ist karg und steinig. Der Winzer nimmt einige Steine vom Boden auf, erklärt, was der Schiefer und der hohe Kalkgehalt hier für den Wein bedeutet: Charaktervoll und elegant werden die Weine. Er berichtet davon, dass der blühende Löwenzahn ein Hinweis auf hohen Stickstoffgehalt im Boden sei. Zeigt auf die Fahne mit dem Kantonswappen auf dem Turmhaus im Dorf, mit dem er das Einsetzen des Föhns am treffsichersten ablesen könne. Von hier aus ist auch das Schloss Bothmar zu sehen, das wie der Weinberg auch im Besitz der alteingesessenen Familie von Salis ist. Und wo übrigens auch die alte Weinpresse aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts steht, die er das letzte Mal im Jahr 2019 fürs Abpressen des Weins verwendet habe. Spannende Geschichten allesamt, die nur jemanden nicht zu interessieren scheinen: Die Weinbergschnecke, die gerade gemächlich vorbei kriecht. 

 

>> www.weingutwegelin.ch

 

Mehr Bio im Glas! 

Ein lebendiger Rebberg mit kräftigen, widerstandsfähigen Reben und einem gesunden Boden ist die Grundlage für feine Knospe-Weine. Bereits über 580 Winzerinnen und Winzer produzieren in der Schweiz Bioweine. Sie verzichten auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel und Kunstdünger. Auch viele Top-Winzer bekennen sich zu Bio und Biodynamie.

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