Text: Stephan Thomas
Pressen wie vor 400 Jahren. Was für ein Arbeitsplatz! Viele Winzerkollegen dürften Rafael Hug darum beneiden. Ein eleganter, lichtdurchfluteter Neubau überragt die Reben der Malanser Lage «Scadena». Als Kontrast ist Hug zudem im altehrwürdigen Schloss Bothmar nebenan eingemietet. Hier steht noch der imposante Pressbaum aus dem Jahr 1630. Er wird immer noch genutzt. Bedienen kann diese Apparatur eigentlich nur Peter Wegelin, Besitzer des «Scadenaguts» und Vorgänger von Rafael. Das Weingut trägt noch heute seinen Namen: Weingut Wegelin. Grosses Bild oben: Rafael Hug, rechts seine Ehefrau Matilde Hug Pédeutour.
Die Flaschen sind rar. Rafael Hug fährt ein klares Konzept. Er unterscheidet die Dorfweine von den Lagenweinen «Scadena», «Bothmarhalde» und «Weisstorkel». Natürlich ist auch im Weingut Wegelin der Pinot Noir die Leitsorte. Die Weissen machen aber insgesamt doch die Hälfte der Produktion aus. Besonderes Gewicht liegt auf dem Weissburgunder, der in der Schweiz nicht allzu häufig ist. Der Weissburgunder «Scadena» ist ein Muster an Finesse und Eleganz. Die Kehrseite, wie oft in Graubünden: Auf dem Gut werden zwar gegen 60'000 Flaschen im Jahr produziert, aber die Weine sind sehr begehrt. Einfach vorfahren und denken, man könne den Kofferraum füllen, ist keine gute Idee.
Sorge tragen zum Boden. Rafael ist ein Ur-Malanser. Früh war klar, dass er Winzer werden will. Studiert hat er, etwas untypisch, Weinbau an der Universität für Bodenkulturen in Wien. Dem Boden gilt seine Aufmerksamkeit auch heute ganz besonders. Und er nimmt kein Blatt vor den Mund: «Man kann so viel machen, von dem selbst ich noch keine Ahnung habe. Man muss auch, denn unsere Böden sind schlichtweg zur Sau. Wenn wir so weitermachen, haben wir in hundert Jahren nichts mehr zu essen, jedenfalls nichts mehr aus Europa.» Konsequenterweise ist das Gut seit 2022 Demeter-zertifiziert.
Das Timing der Kastanie. Die Etikette bildet ein stilisiertes Kastanienblatt ab. «Eine kleine Hommage an Peter Wegelin, der ein hervorragender Naturbeobachter ist. Er hat immer gesagt: Wenn im Herbst der eine der beiden Kastanienbäume neben dem Rebberg goldgelb gefärbt ist und der andere braun, dann sind die Trauben auf Scadena reif. Ich habe das anfangs ein wenig hinterfragt. Dann habe ich es mit Messungen geprüft. Er hat immer Recht gehabt.»
Coup de Coeur: Bothmarhalde Blauburgunder 2019
Das liegt im Keller: Blauburgunder. Chardonnay. Weissburgunder (Dorfweine)
Drei Gault-Millau-Chefs mit Wegelin-Weinen: Andreas Caminada im «Schloss Schauenstein» Fürstenau (19 Punkte). Sven Wassmer im «Memories» Bad Ragaz (18 Punkte). Ueli Kellenberger im «Rössli» Bad Ragaz (16 Punkte).
Das passt zusammen: Scadena Weissburgunder mit Austern aus Marennes d'Oléron