Text: Elsbeth Hobmeier | Fotos: Hans-Peter Siffert
Cagi. Für 350 Tessiner Winzer. Jede zehnte Flasche Tessiner Wein kommt aus Giubiasco. Genauer: aus dem markanten Gebäude mit den grossen Torbogen direkt an den Gleisen des Bahnhofs. Hier wurde 1929 die erste Tessiner Genossenschaftskellerei gegründet, hier wurde der erste Merlot vinifiziert, wie man ihn heute kennt. Und hierhin liefern noch heute rund 350 Winzer ihre Trauben, die sie in den Hügeln rundum Bellinzona und Locarno, aber auch im weiteren Tessin oft in Freizeitarbeit pflegen. Heute, nach einigen Wirren, ist die Cantina Giubiasco oder Cagi, wie sie im Tessin genannt wird, eine Aktiengesellschaft im Eigentum des Tessiner Milchverbands. «Wir sind keine Ferrari-Fahrer», betont Direktor Valerio Cimiotti, der erst seit wenigen Monaten das Unternehmen leitet. Damit spricht er die erklärte Linie des Hauses an: «Wir wollen gute, süffige Weine mit idealem Preis-Leistungs-Verhältnis produzieren und damit auf dem Boden bleiben.» Denn, so meint er scherzhaft, «Cagi kennt keiner, aber unseren Bucaneve umso mehr – die Deutschschweizer sind richtig wild danach!».
Neu: «Schneeglöggli rosé»! Bucaneve ist das unbestrittene Flaggschiff des Hauses Cagi. «Ein Riesenerfolg», freut sich Direttore Cimiotti über die schweizweite Beliebtheit seines «Schneeglöggli-Weins». Er ist der meistgetrunkene weisse Merlot überhaupt, gepresst aus roten Trauben und in Stahltanks vergärt, um die typische Frische, Frucht und Blumigkeit zu bewahren, die so gut zu einem Apéro passt, sich aber ebenso als Begleiter zu Fisch und weissem Fleisch eignet. Harmonisch, weich und samtig präsentiert sich auch der rote Bucaneve-Bruder. Und weil diese beiden «Schneeglöggli» bei ihren Kunden so beliebt sind, gibt es auf Wunsch von Coop ganz neu auch einen Bucaneve Rosato – der erste Jahrgang 2020 ist jetzt auf dem Markt (Rosato di Merlot Bucaneve). Auch diese Vinifizierung ist süffig und gefällt mit einer schönen Säure und guten Frische.
Carasso & Camorino. Wie überall im Tessiner Weinbau spielt auch bei Cagi die Merlottraube die Hauptrolle. Zwar wird auch Bondola, eine alte einheimische Sorte, gepflegt und zum leicht herben Tera Negra verarbeitet. Zudem finden sich mit Bohème und Noverasca zwei reine Chardonnays im Angebot. Aber an der Spitze der Qualitätspyramide steht der rote, reinsortige Merlot aus besten Lagen, etwa der intensive und gut strukturierte Monte Carasso und der würzige Camorino. Beide Spitzenweine reifen mindestens 20 Monate lang in Barriques. Und auf beiden Etiketten sind die Namen der Winzer aufgeführt, deren Trauben hier veredelt wurden. So auch der Name Giulio Margnetti: Der pensionierte einstige Beamte des Strassenverkehrsamts pflegt seine Rebstöcke auf einem Hügel oberhalb von Camorino mit grosser Hingabe und liefert jeden Herbst Merlottrauben erster Güte in die Kellerei. «Wir schätzen Winzer wie Giulio, sie sind ein wichtiges Standbein unseres Unternehmens», sagt Direktor Valerio Cimiotti. Und Riccardo Garrani, der 32-jährige Önologe, der schon seit fünf Jahren für die Weinbereitung verantwortlich ist, erklärt: «Ich schaue regelmässig bei den Rebbauern vorbei und prüfe die Qualität der Trauben. Denn nur aus gutem Grundmaterial kann man guten Wein machen.»