Text: Stephan Thomas I Fotos: Nik Hunger, HO
Treffpunkt Höcklistein. «Sinnesrausch mit Räuschling»: Das Weingut Höcklistein war Gastgeber eines Events, der ganz im Zeichen der Züri-Rebsorte stand. Prominente Räuschling-Winzer brachten ihre besten Flaschen mit, darunter auch Grossformate und Gereiftes. Obwohl nur zu fünft, deckten sie fast einen Drittel der weltweiten Räuschling-Produktion ab. Es gibt auf dem Planeten nämlich lediglich 23 ha davon. Der Höcklistein, eine der schönsten Reblagen der Schweiz, ist selbst eine Räuschling-Hochburg. Geschäftsführer Adrian Lüthi und Önologe Andreas Stössel samt Team managen für Thomas Schmidheiny diesen Vorzeigewingert. Für Stössel waren die grossen Terroirunterschiede überraschend. «Ein Räuschling von der Westseite des Rebbergs schmeckt völlig anders als einer aus dem Osten.» Gekeltert wird er als Basiswein «Tradition», als Gutswein «Höcklistein» und als Parzellenwein «Affenrain». Für uns öffnen die Höcklisteiner eine Magnum 16er. Die allerletzte Flasche davon! Oben: Die treibenden Kräfte des Weinguts Höcklistein: Geschäftsführer Adrian Lüthi (l.), Önologe Andreas Stössel (r.)
Die Schwarzenbachs sind Pioniere. An welches Gut denken die Schweizer Weinfreunde zuerst, wenn von Räuschling die Rede ist? Richtig, an Schwarzenbach Weinbau in Meilen, vertreten durch Marilen Muff. Herumgesprochen dürfte sich auch haben, dass Schwarzenbachs mit einer Hefe vergären, die sie von einer hauseigenen Flasche aus dem Jahr 1895 isoliert haben. «Ja, Räuschling ist für uns eine Art Hauswein - auch wenn ich selbst nicht hineingefallen bin wie Obelix in den Zaubertrank. Wir haben viel nachgedacht über Rebsorten im Klimawandel. Der Räuschling kommt sehr gut mit den neuen Bedingungen zurecht, auch mit der Trockenheit.» Das Highligt an der Verkostung: Räuschling «Seehalden» 2012. Kein Wunder, denn Schwarzenbachs sind treibende Kraft bei der Vereinigung «Mémoire des Vins Suisses», die unermüdlich für das Reifepotential des Schweizer Weins wirbt.
Räuschling vom Rheinfall. Falls dieser Eindruck entstanden wäre: Es wird nicht nur am Zürichsee Räuschling gemacht. Mit von den besten Flaschen kommen vom Weingut Besson-Strasser in Laufen-Uhwiesen, das mit einem Bein im Kanton Schaffhausen steht. «Der Räuschling ist vom Norden her ins Land gekommen. Womöglich stand er also bei uns früher als am Zürichsee», sagt Nadine Besson-Strasser schalkhaft. Kristallklar, knochentrocken und mit strammer Säure steht der «Räuschling vom Rheinfall» da. So wie Nadine und Ehemann Cédric den Wein ganz allgemein mögen. Nadine schenkte auch den klar ältesten Wein des Anlasses aus: Einen Räuschling mit Jahrgang 2003, der sich noch völlig intakt präsentierte. Und nicht zuletzt einen Schäumer aus Räuschling, selbstverständlich «Brut Nature». Er könnte die Apéro-Landschaft revolutionieren, würde es denn genügend davon geben.
«Der Räuschling ist eine Diva.» Der klar jüngste Teilnehmer am Sinnenrausch war gerade sieben Wochen alt, begleitet von Mami Theres Bachmann. Auch das Weingut Bachmann in Stäfa ist einer der namhaften Räuschling-Player. Theres und Ehemann Jonathan, auf Umwegen ins elterliche Weingut gekommen, bereiten den Räuschling in zwei Varianten: In der Linie der «Seeweine» als frisch-unbeschwerter Tropfen, als «Bergwein» mit mehr Komplexität und Lagencharakteristik. Auch dies ein Must für Räuschling-Freaks. Patrick Thalmann öffnet den 15er und den 18er Räuschling «Borstig Kerl». Der Winzer aus Ossingen/ZH beurteilt seinen 18er zurückhaltend und leicht selbstkritisch - wir finden ihn allerdings in seiner Vielschichtigkeit hervorragend. «Der Räuschling war anfangs nicht mein Steckenpferd. Ich habe gedacht: Nie Räuschling. Später habe ich ihn mehr nebenbei gemacht. Der Räuschling ist eine Diva, ähnlich wie Pinot Noir. Es ist schwierig, Ausreisser bei den Jahrgängen zu vermeiden. Es ist aber nicht so, dass ich deswegen die Nacht wach liege. Da öffne ich mir lieber noch eine weitere Flasche.»