Text: Elsbeth Hobmeier
Hier trifft die Weinkultur der Romandie auf das Deutschschweizer Weinschaffen: Im Drei-Seen-Land entwickeln vor allem Pinot und Chardonnay grosse Klasse, den «burgundischen» Böden der Rebhänge, die sich entlang den Seeufern erstrecken, sei Dank! Das Terroir gefällt aber auch dem Traminer, der sich am Vully zu Spitzenweinen entwickelt. Nicht zuletzt wurde am Neuenburgersee der lachsfarbene Oeil-de-Perdrix erfunden, sowie die Tradition des Non-Filtrés, die zunehmend wieder gepflegt wird. Zwölf Winzerbetriebe konnten ihren Platz unter den bisherigen Besten von GaultMillau behaupten, neu dazu gestossen sind zwei Neuenburger Weingüter, die mit ihren Qualitäts-Weinen von sich reden machen: Einerseits Alain Gerber in La Hauterive, der das vom Grossvater gegründete Unternehmen an die Spitze führt. Anderseits der noch junge Önologe Morgan Meier, der sich der Vinifizierung eines perfekten Pinot Noir nach Burgundervorbild verschrieben hat (grosses Bild oben). Der GaultMillau-Rookie des Jahres 2023 verwendet nur allerbeste Trauben seiner 25 Hektar umfassenden Domaine des Landions, den Rest gibt er an andere Winzer weiter. Genauso wie es Jacques Tatasciore in Cressier vorlebt, der als Ikone und Vorreiter der gesamten Region wirkt.
Die ausgezeichneten Winzerinnen und Winzer:
Marylène & Louis Bovard-Chervet
Erbaut wurde das Château Praz vor genau 400 Jahren, und dies bereits zum Zweck der Weinbereitung. Heute, viele Generationen später, bearbeitet das Önologen-Ehepaar die 12 Hektaren Rebland ökologisch und keltert alle Weine überzeugt reinsortig. Mit Pinot Blanc, Pinot Noir, Riesling, dem raren Freiburger sowie dem neuen Traminer Orange aus der georgischen Amphore setzen sie Meilensteine.
Sie steht für die nächste (grüne) Generation bei der Domaine de Chambleau: Charlotte Burgat.
Louis-Philippe & Charlotte Burgat
Die Domaine de Chambleau in Colombier erzeugt in prächtiger Lage auch prächtige Weine, und dies ausschliesslich biologisch und in Handarbeit geerntet. Speziell gepflegt werden die verschiedenen Pinot Noirs mit der filigranen «Cuvée Charlotte», der eleganten «La Gavotte», der eindrücklichen «Les Bovardes» und dem kräftigen «Pur Sang». Ein Highlight: der Chardonnay «Le Rosy» und «La Sauvageonne» aus der Solaris-Traube.
Jean-Daniel & Franziska Chervet
Die Böden von Vully bringen besonders feine und mineralische Weissweine hervor. Das beweisen die Chervets mit ihren Spezialitäten: Auf ihren 15 Hektar Rebland pflegen und ernten sie u.a. einen Chasselas «Vieilles Vignes», einen Freiburger und die rote «Cuvée de l’Arzille».
Alain Gerber (neu)
Das Weingut in Hauterive wurde vor über 50 Jahren vom Grossvater Albert Gerber gegründet. Auf dessen Sohn André folgte mit Alain der dritte «A» der Winzerfamilie. Alain Gerber ist ein anerkannter Botschafter der Neuenburger Weine und überzeugt mit dem Chasselas «Champréveyres», dem Pinot Noir «Cru d’Hauterive» und dem Chardonnay «Expression».
Tolles Team von «Grillette Domaine de Cressier»: Besitzer Matthias Tobler und Önologin Annie Rossi.
Grillette Domaine de Cressier
Der Grillette-Besitzer Matthias Tobler und die Önologin Annie Rossi in Cressier sind ein hervorragendes Team, das rundum ökologisch arbeitet. Ihrer Aushängeschilder? Das sind so einige: Pinot Noir «Graf Zeppelin», ein Malbec und ein Merlot; der herrliche Viognier «Les Terrasses», der trockene Schaumwein «Brut Absolu» oder der Blanc de Noir «Résonance».
15. und 14. Generation: Thierry und Henry Grosjean im Fasskeller.
Thierry & Henry Grosjean
Eine jahrhundertelange Weintradition, ein prächtiges Château im Familienbesitz, grosses Engagement für klassische Neuenburger Crus: Henry Grosjean führt die Tradition in 15. Generation weiter und bürgt für Top-Qualität. Der Oeil-de-Perdrix dürfte der bekannteste seiner Art sein, rarer sind die Einzellagen «Les Argiles» und «Les Grand’Vignes».
Martin Hubacher
Die Burgundersorten Chardonnay und Pinot Noir liegen Martin Hubacher und Michaela Gabriel besonders am Herzen und gelingen ihnen perfekt. Aber auch der Sauvignon Blanc, der Pinot Blanc und der seltene Saint-Laurent sind wahre Schmuckstücke vom Bielersee.
Stehen für ehrliches Handwerk: die Winzer Christian Fellmann und Jean-Marc Jungo.
Jungo & Fellmann
Ehrliches Handwerk und sorgfältige Verarbeitung sind die Markenzeichen der beiden Familienzweige, welche die Cave des Lauriers in Cressier gemeinsam führen. Ihr traditioneller Chasselas Non-filtré und der Pinot Noir Barrique «Les Cloux» sprechen eine qualifizierte Sprache, herausragend der Pinot Noir «1879», welcher dem Ururgrossvater gewidmet ist.
Adrian Klötzli ist vor allem stolz auf seinen Süsswein «Le Rêve».
Adrian Klötzli
Das Familienweingut zum Twannbach in Twann am Bielersee ist nur 2,5 Hektar gross, aber die Weine zählen zu den Besten am See. Allen voran der elegante Sauvignon Blanc, die beiden Chasselas aus Ligerz und aus Twann sowie – der Stolz des Hauses – ein Süsswein namens «Le Rêve».
Weingut Krebs und Steiner
Sabine Steiner und Andreas Krebs führen ihre elterlichen Weingüter in Schernelz und in Twann jetzt gemeinsam und spielen damit in der obersten Liga der Schweiz mit. Beispiele: der feinfruchtige Sauvignon Blanc Summerrode, der Lagen-Chasselas Clos à l’Abbé und der Pinot Buurehöf von Steiner, der Pinot Noir Alte Rebenund der Chardonnay von Krebs.
Biodynamie bleibt wichtig: Elodie Kuntzer mit ihrem Vater Jean-Pierre im Weinberg von Saint-Blaise.
Familie Kuntzer
Nach 45 Jahren haben Jean-Pierre und Anja Kuntzer ihr Weingut Saint-Sébaste in Saint-Blaise in die Hände von Tochter Elodie und Schwiegersohn Ludovic gelegt. Die junge Generation setzt weiterhin voll auf Biodynamie. Und fügt den bekannten Top-Weinen wie Pinot Noir «Clos de la Perrière» und Chasselas Vieilles Vignes auch eine Nature-Linie mit Pinot Noir, Divico und einem «Orange Wine» hinzu.
Morgan Meier (neu)
Die Domaine des Landions besitzt Reben an den besten Lagen entlang des Neuenburgersees bei Cortaillod und Vaumarcus. Von den 25 Hektar gelangen nur die besten Trauben in die eigenen Weine, die anderen werden an ein Weingut in Areuse verkauft. Besitzer ist Denis Meier; sein Sohn Morgan Meier wirkt seit 2015 als Önologe. Alle vier Weine des Guts sind herausragend: Der Chardonnay «Les Calcaires» und die drei Pinots Noirs «Les Landions», «Les Cailloutis» und «Clos du Château».
Sind Perfektionisten und «Terroiristen»: Jean-Denis und Alexandre Perrochet.
Jean-Denis und Alexandre Perrochet
Wenn es um Schweizer Bio-Spitzenweine geht, steht das Weingut La Maison Carrée in Auvernier stets in vorderster Reihe. Hier werden charakterstarke Terroirweine wie der Chasselas Cru des Abesses und der Pinot Noir «Hauterive» gekeltert. Jean-Denis Perrochet und sein Sohn Alexandre sind Perfektionisten, setzen auf Holzfass und Korbpresse.
Hat die Produktion auf 13 Hektar Rebland zu stemmen: Christian Vessaz.
Christian Vessaz
Der Önologe Christian Vessaz leitet seit vielen Jahren das Weingut der Murten-Burger in Môtier, das 13 Hektar Rebland am Vully umfasst. Seine Terroirweine Chasselas «de Fichillien» und Pinot Noir «de Mur» überzeugen. Einsame Spitze ist der würzige Traminer. Vessaz widmet sich auch dem Naturwein und arbeitet dabei ohne Filtration und Schwefel.
Fotos: Sedrik Nemeth, Hans-Peter Siffert, François Wavre, Remo Naegeli, David Birri
