Lieblingspark? Unter allen städtischen Parks hat der Rechberggarten wohl die schönste Bepflanzung. Er besitzt ein mondänes Flair, als sei man zu Gast bei Louis VIX – inklusive Wasserbrunnen, der plätschert. Da ich zu Hause über keinen Balkon verfüge, suche ich mir dort einen Tisch, um ein Buch zu lesen oder Texte zu lernen. Glücklicherweise ist der Park aufgrund des steilen Hangs eine «Mutter mit Kinderwagen»-freie Zone. Am liebsten besuche ich ihn zur blauen Stunde zwischen 16.00 und 18.00 Uhr, während die Sonne untergeht. Gut – eigentlich würde ich auch liebend gerne bereits am Morgen da rumliegen. Was dann aber nicht ginge: Am Telefon zu behaupten, ich sei im Büro, während Vögel im Hintergrund zwitschern.
Lieblingsbadi? In der Stadt gibt es nur zwei Freibadis, die auch bei Hagel offen bleiben: Freibad Seebach und – mein Liebling – das Utoquai direkt an der Seepromenade. Ich bevorzuge ja schlechtes Wetter, weil es dann keine anderen Leute hat. Besser kann ein Sommertag nicht beginnen: Morgens um sieben oder acht Uhr vom «Uto» zu den gelben Bojen schwimmen, danach ein bisschen Zeitung lesen, bevor ich um neun Uhr ins Atelier muss. Im Sommer besuche ich die Badi im Schnitt jeden dritten Tag.
Lieblingscafé? Das «Henrici» im Niederdorf gehört für mich zu den fünf besten Cafés in Zürich und ist meine zweite Stube. Zu Beginn ging ich da hin aufgrund des guten Kaffees. Mittlerweile aber auch wegen Olivia und Tito – die Geschwister sind die Inhaber des Lokals. Ihre Mutter und ich besitzen als einzige Personen ein «Kaffee-GA». Das Angebot ist hier zwar nicht gross, aber von sehr guter Qualität. Ausserdem treffe ich gerne Journalisten oder Leute im «Henrici», die mich nicht im Atelier oder in der Wohnung besuchen. Weil: Das Personal behandelt alle Gäste auf dieselbe, zuvorkommende Art.
Lieblingsshop? Der «Comics-Shop» in der Froschaugasse ist auch im Vergleich zu solchen in Frankreich oder Belgien der beste Comic-Shop überhaupt. In diesem Laden vergeht die Zeit viel schneller, als mir lieb ist – als wäre ich irgendwo in den Ferien. Keine Ahnung, wie viele tausend Bücher da rumstehen. Inhaber «Walti» – sag bloss nicht «Walter» – kennt jedes einzelne Detail seiner Bücher und Hefte. Nicht nur den Inhalt, sondern auch die Hintergründe zu Zeichnern und Verlägen. Manchmal erschleicht mich das Gefühl, er habe tatsächlich jedes Buch im Sortiment gelesen. Es gibt nichts schlimmeres als Leute, die etwas verkaufen, worüber sie gar nichts wissen. Ich war bereits ein Kunde, als sein Geschäft noch an der Militärstrasse war.
Kult-Bar? Die Gräbli Bar ist eines der wenigen Lokale in Zürich, das fast 24 Stunden offen hat. Ich habe da schon einige Nächte durchgezecht und beim Verlassen gedacht: «Was? Schon hell?» Wer seinen letzten Zug verpasst, kann hier für wenig Geld die ganze Nacht bis zum frühen Morgen ausharren. Viel näher beim Volk als in der Gräbli Bar bist du kaum irgendwo. Heisst übersetzt: Da tummeln sich auch einige sehr tragische Fälle – vor allem montags und dienstags. Ich empfehle daher: Eher am Wochenende die Bar besuchen, wo sich auch Künstler und Ärzte unter die Alkoholiker mischen. Und vielleicht nicht als Ort für ein erstes Date wählen. Das wäre ein grosser Fehler.
>> Beat Schlatter ist seit über 30 Jahren als Schauspieler, Kabarettist, sowie Drehbuchautor unterwegs und lebt im Zürcher Niederdorf. Momentan tourt er mit seiner Bingo-Show durch die Schweiz. Ein unterhaltsames Spiel mit einmaligen Preisen wie einem «Vollsuff» oder einer «Abrechnung mit dem Feind». Am 20. und 21. Mai macht Schlatter Halt in Zürich im Bernhard Theater. Radio-Hörer können ausserdem jeweils am letzten Sonntag im Monat von 14.00 bis 16.00 Uhr an der «Radio Bingo Show» teilnehmen auf Radio SRF 1.