Naturweine! Sie zeigen sich immer häufiger auf den Weinkarten junger Restaurants oder Bars, verbreiten sich langsam, aber stetig. Mit teilweise müffelndem Geruch empören sie konventionelle Weintrinker. Mit vorpreschenden Geschmacksnoten – fruchtig, floral, unaufdringliche Tannine, kaum Holz – erobern sie aber den Gaumen einer jungen Generation, die bis dato eher Negroni oder Gin Tonic bestellt hätte. Selbst ein leichter Roter lässt sich ohne Mühe mit einem scharfen Thai-Curry verkuppeln. Es sind «Vins vivants», denen nichts hinzugefügt oder weggenommen wurde während der Herstellung, den Charakter der Weintraube sowie dessen Lage pur ins Glas bringen möchten. Heisst: viel Handarbeit in Anbau und Ernte, kein Einsatz von Herbiziden, Pestiziden oder Fungiziden; keine kultivierten Hefen, Enzyme und kein Zucker in der Vinifikation; sowie häufiger Verzicht auf Schwefelung, Filtration oder Schönung vor der Abfüllung.
Nur ein kurzweiliger Hype oder Hipster-Trend? Wer nach Paris schielt, findet Naturweine seit über zehn Jahren in den wichtigsten «Bars à vin» und Restaurants der Bistronomie-Bewegung. Und auch Beispiele wie die Weinkarte des Spitzenrestaurants «Hotel de Ville» in Crissier VD (19 GaultMillau-Punkte, drei Sterne) suggerieren das Gegenteil: Die Winzer Sébastien Riffault, Richard Leroy, Jean-François Ganevat, sowie René-Jean Dard und François Ribo sind alle vertreten und Aushängeschilder der Naturwein-Szene. In Zürich findest du weitere gute Beispiele in der Bar Sacchi, Bauernschänke, Metzg, Neuen Taverne, im 169 West, Kin, Gamper Restaurant sowie der dazugehörigen Bar. Und für Zuhause? «The Bottle Shop» heisst die Top-Adresse.
Hinter dem kleinen Shop an der Nietengasse steckt «More than wine» – ein Weinimporteur aus der Westschweiz, geführt von Edouard Thorens, aka «The Winestache». Der ehemalige Hotelfachschüler aus Lausanne begeistert auf Instagram über 55’000 Follower, die ihn Flasche für Flasche auf seinem Streifzug begleiten durch die Welt des Naturweins. Dank seinem Netzwerk bringt er monatlich Winzer nach Zürich und veranstaltet öffentliche Weindegustationen im Lokal, eingeklemmt zwischen Gamper Restaurant und Gamper Bar. Das Sortiment des «Bottle Shops»? Eine beeindruckende Auswahl an Weinen von einheimischen Winzern sowie aus Frankreich, Italien, Österreich und Spanien. Plus: die Kult-Spirituosen von Empirical Spirits, belgisches «Cantillon»-Bier oder erstklassiges Olivenöl. Damit du einen ersten Überblick über das Sortiment erhältst, habe ich Thorens um Wein-Tipps gebeten für drei spezifische Szenarien am Esstisch zu Hause.
«Sie stammen aus klassischen Weinregionen und bestehen aus Trauben typisch für die Region: Chenin Blanc aus der französischen Loire, Pinot Noir aus Graubünden und Chardonnay aus Chablis», erklärt Thorens seine Wahl. «Ausserdem bestechen sie durch eine harmonische Balance, ohne dominierende Säure oder sonstigen Charakteristiken, die traditionelle Wein-Trinker schnell als Weinfehler abstempeln würden.»
«Ganz klassisch habe ich drei Rotweine ausgewählt, die nicht zwingend aus Italien stammen müssen. Pastasaucen können würzig, scharf, salzig, sauer und ölig sein, also brauchst du Weine, deren Geschmack eine ähnliche Komplexität aufweisen», meint Thorens. «Sie sollten nicht zu subtil oder elegant schmecken, sondern ebenso reichhaltig mit einer aromatischen, würzigen Frucht und mineralischer Frische.»
«Diese drei Weine würde ich am liebsten gleich heute Abend trinken! ‹Explosive Pink› ist hundert Prozent Gamay und kann sich locker gegen einen Rosé Champagner in der selben Preiskategorie behaupten. Mit Renaud Boyer haben wir einen der wenigen Naturweinwinzer des französischen Burgunds. Sein eleganter Pinot Noir mit zurückhaltendem Holz wäre meine Wahl für die einsame Insel. Und die Weine von Gabrio Bini von der italienischen Insel Pantelleria sind Ikonen der Naturwein-Welt: ‹Zibibbo› schmeckt nach reifen Steinfrüchten, vermischt mit Orangenzesten und der Salinität des Meeres.»
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KONTAKT
The Bottle Shop
Nietengasse 7
8004 Zürich
Tel. +41 79 924 47 12
https://www.more-than-wine.com/
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ÖFFNUNGSZEITEN
Mittwoch bis Freitag, 17.00 bis 20.00 Uhr
Samstag, 14.00 bis 18.00 Uhr
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