Keine offene Küche, keine fermentierte Karotte und keine QR-Codes. Das Casa Ferlin steht seit 1907 an der Stampfenbachstrasse in Zürich und weigert sich jeglichen Trends der letzten hundert Jahre zu beugen. Wer das Lokal betritt, landet in einer gut konservierten Version von Italianità, wie sie in den Erinnerungen älterer Herren existiert, die ihre Hemden noch gebügelt haben. Der erste Gastraum ist etwas dunkel, samtig, altmodisch, aber charmant und fühlt sich an wie ein Ort, der nie aufgehört hat, so zu sein wie er war. Gäste, die sich ein ebenso zeitloses, aber moderneres Setting wünschen, werden ebenfalls glücklich: Im neueren «Sala Angelo» mit Holztäfer, wo ein Kronleuchter aus Muranoglas an der Decke hängt. Der Service? So reibungslos wie ein Schweizer Uhrwerk, geführt von Männern, die mehr Erfahrung im Umgang mit Tellern haben als gewisse Foodies auf dem Buckel.

Casa Ferlin

Der erste Gastraum ist ein Ort, der nie aufgehört hat, so zu sein wie er war: etwas dunkel, samtig, altmodisch, aber charmant.

Casa Ferlin

Das Paradegericht im «Casa Ferlin», das jeder zweite Gast bestellt als Vor- oder Hauptspeise: Ravioli – mit wahlweise Butter- oder Rahmsauce.

Die berühmten Ravioli à la «Casa Ferlin» haben ihren Ruf nicht gestohlen. Wer beim ersten Biss auf nichts ausser zartem Pastateig, saftiges, fein gehacktes Kalbfleisch und wahlweise Beurre noisette oder Rahmsauce trifft, versteht, warum nichts verändert werden muss. So schmecken Ravioli, die nie zur Massenware verkommen sind. Sie sind die besten der Stadt, können wohl auch mit den besten aus Italien mithalten: Die Füllung ist aromatisch, aber nicht aufdringlich, der Teig so dünn, dass ein Millimeter mehr bereits ein Problem wäre. Andere Klassiker kann das «Casa Ferlin» ebenso: Das Kalbsfilet an Zitronensauce landet butterzart und schön angebraten auf dem Teller. Die Sauce ist dezent zitronig, aber nicht sauer, cremig, aber nicht schwer. Dazu eignen sich die hausgemachten Taglierini, die zwar als Beilage auf der Karte stehen, aber eigentlich der stille Star auf dem Teller sind.

Casa Ferlin

Kein Chichi, sondern ein Filet und eine Sauce, die ihren Job verstehen: Kalbsfilet mit Zitronensauce und exzellenten Taglierini.

Casa Ferlin

Franz Ferlin (Mitte, rechts) führt das «Casa Ferlin» in der vierten Generation, die fünfte steht mit Tochter Denise (Mitte, links) bereits an vorderster Front.

Niemand geht ins Casa Ferlin für Pommes frites – bis sie zum ersten Mal auf dem Tisch stehen. Sie sind hausgemacht, goldgelb, knusprig und ziemlich perfekt. Zum Chateaubriand mit erstklassiger Sauce béarnaise oder Rindsfilet mit grüner Pfeffersauce passen sie sowieso. Mutigere Gäste bestellen die Kalbsniere als Hauptgang, flambiert am Tisch mit Brandy und dann serviert mit einer würzigen Rahmsauce. Die Desserts? Eine hausgemachte Saint-Honoré-Torte mit Schokolade, die Kultstatus geniesst. Dann Crêpes Suzette, natürlich ebenfalls à la minute am Guéridon flambiert mit Orangenlikör. Oder Zabaione – eine schaumig geschlagene Creme aus Eigelb und Zucker, verfeinert mit Marsala und optional auch mit Waldbeeren. Der Reiz des «Casa Ferlin» liegt nicht im Neuen. Sondern im Vertrauten, das hier nie enttäuscht und das altehrwürdige Lokal zu Recht zu einer Zürcher Institution macht.

Casa Ferlin

Der neuere «Sala Angelo» bietet ein ebenso zeitloses, aber etwas moderneres Setting.

Casa Ferlin

Die Pommes frites im «Casa Ferlin» gehören zu den besten der Stadt, passen wunderbar zu Chateaubriand mit Sauce béarnaise.

 

Kontakt
Casa Ferlin
Stampfenbachstrasse 38
8006 Zürich
Tel. +41 44 362 35 09
casaferlin.ch
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Öffnungszeiten
Montag bis Freitag, 11.30 bis 14 Uhr und 18.30 bis 22 Uhr

 

Preise 
Vorspeisen 18-42 CHF, Hauptgerichte 32-82 CHF, Desserts 17-48 CHF

 

Empfehlungen
Ravioli, Filetto di vitello al limone mit Taglierini, Chateaubriand mit Sauce Béarnaise, flambierte Kalbsnieren, Pommes frites