Das Coffee an der ruhigen Grüngasse ist eines dieser Lokale, das dem Konsum von Kaffee den gleichen Stellenwert beimisst, wie dies bei Whisky oder Wein geschieht. Zur Auswahl stehen zwei unterschiedliche Espresso und Filterkaffee. Alle Varianten werden mit sortenreinen Kaffeebohnen zubereitet, die man auf einer Übersichtstafel findet. Entwarnung für alle, die sich mit der gleichen Ratlosigkeit konfrontiert sehen wie beim alibihaften Durchblättern einer Weinkarte im Restaurant: Das Geschmacksprofil steht jeweils gleich unter dem Herkunftsland auf der Tafel.
Bestellt man hier den Filterkaffee «Chelelektu», entfalten sich im Mund Aromen wie Bergamotte und Pfirsich. Beim Espresso «Cumbre del Poas» treffen wuchtige Mango- und Hopfen-Noten aufeinander. Der Kaffee zeigt sich von seiner fruchtig, floralen Seite und versinkt nicht im Sumpf bitterer Röstaromen. Das im vergangenen Herbst eröffnete Lokal ist klein, das Ambiente unaufgeregt und szenig-familiär. An den fünf Tischen draussen lässt sich prima die Mittags-Sonne geniessen. Einer der Köpfe hinter Coffee ist Shem Leupin – prominentes Aushängeschild der jungen Kaffee-Szene. Er war 2013 amtierender Barista-Meister und arbeitet noch bei der Kaffeerösterei Stoll Kaffee in Zürich.
Trotz so viel Kaffee, darf man keinesfalls die Küche ausser Acht lassen. Unter der Woche gibt es bisher lediglich Snacks. Doch samstags sorgt Koch Thomas Leuenberger – der zweite Kopf hinter Coffee – Woche für Woche für einen GaultMillau-würdigen Start ins Wochende. Auf meinem Teller landet ein Süsskartoffel-Püree mit hausgemachtem griechischem Joghurt aus dem Rahmbläser, Miso-marinierten Kräuterseitlingen, Mandel-Oliven-Sponge, gesalzenen Pekannüssen, Estragon und Koji-fermentierte japanische Wollmispeln, die an Aprikosen mit mehr Fruchtsäure erinnern. Ohne den Koji-Schimmelpilz «Aspergillus oryzae» kämen wir nicht in den Genuss von Miso, Sojasauce oder Sake. Roter Kopfsalat bedeckt das vegetarische Gourmet-Konstrukt. Dazu gibt es jeweils ein Onsen-Ei mit Sauce Hollandaise-Espuma, Estragon-Öl und getoastetem Brioche – Eggs Benedict à la Thomas Leuenberger.
Die Komplexität des Gerichts erstaunt, denn der Blick in die Kochnische zeigt nur Sous-Vide-Garer, Rahmbläser und Kontaktgrill. Alle anderen Arbeitsschritte macht Leuenberger zuhause. Er hat sein Handwerk bei Marcus G. Lindner (ehemals «Mesa») und David Martínez (ehemals «Greulich») erlernt und war zuletzt Hauptverantwortlicher im Restaurant des Hotel Widder. Obwohl sich Trend-Gastronomen hier einen guten Start ins Wochenende wünschen, haben sich seine Kochkünste ausserhalb der Szene noch nicht rumgesprochen. Trotzdem: Der einzige Samstag-Stammgast bin ich längst nicht mehr.
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Kontakt
Coffee
Grüngasse 4
8004 Zürich
http://coffeezurich.com/
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Infos
Montag bis Freitag, 7.30 bis 19.00 Uhr
Samstag, 9.00 bis 18.00 Uhr
Preise
Espresso 4.30 CHF, Filterkaffee 6 CHF, Brunch-Menü 21-23 CHF
Empfehlungen
Espresso, Filterkaffee, Yuzu-Limonade, Brunch (nur samstags)