Wieso mögen Menschen keine Bitterstoffe? Die Ursache liegt in unserer Evolutionsgeschichte. Zu Urzeiten hatten jene eine höhere Überlebenschance, deren Zunge sensibler auf giftige Bitterstoffe reagierte. Heute, wo kaum jemand noch unbekannte Pflanzen vom Strassenrand verspeist, und Köche die in Speisen verwendeten Bitterstoffe kontrollieren, können wir dieser unbeliebtesten aller Geschmacksrichtungen mit mehr Gelassenheit entgegenblicken. Laura Schälchli von «Sobre Mesa» lädt ein zur neuen Dinner-Serie «Libertine Kitchen» für kulinarische Freigeister. Austragungsort war die Kunstkantine in einem Industriegebäude gleich an der Sihl gegenüber der Sihlcity.

Libertine Kitchen: Brilliance of Bitterness
Libertine Kitchen: Brilliance of Bitterness

Der Fokus dieser Pop-Ups liegt jedes Mal auf einem anderen Thema mit stets wechselnden Gastköchen und Austragungsorten: «Mal überraschend, mal kontrovers», wie sie auf ihrer Website verspricht. «Brilliance of Bitterness» hiess die erste Ausgabe anfangs April mit Gastköchin Anna Pearson. Sie demonstrierte uns eindrucksvoll, wie Bitterstoffe die Küche bereichern können.

Anna Pearson

Anna Pearson

Der Abend begann mit einer Serie kleiner Vorspeisen. Zum Auftakt sogleich ein Volltreffer: Hühnerleber-Paté mit süss-säuerlich eingemachten Kumquats und Brot – Balsam für meinen knurrenden Magen. Die dazu servierten Früchtchen setzten den ersten Bitter-Akzent des Abends. Der zweite Knüller kam am Ende dieser Vorspeisen-Reihe: Der weltbekannte Blauschimmelkäse «Jersey Blue» des Toggenburger Käsespezialisten Willi Schmid als luftiges Mousse! Anna Pearson paarte dessen Intensität gekonnt mit grilliertem Cicorino rosso, eingemachten Quitten und gerösteten Pinienkernen: Cremig, würzig, salzig, bitter und leicht süsslich. Die Vorfreude auf die folgenden Hauptgänge stieg umso mehr nach diesem überragenden ersten Teil.

Zuerst der Zwischengang: Herrliche Ravioli gefüllt mit geräuchertem Ricotta des Geissenbauers Toni Odermatt in Begleitung von Bärlauch, brauner Butter, gerösteten Baumnüssen, Zitrone und gehobeltem Schafskäse von Willi Schmid. Für den Ravioli-Teig verwendete Pearson eine Mischung aus Kastanien- und Dinkelmehl. Die Bitterstoffe hier waren sehr subtil.

This Schälchli

This Schälchli

Gäste im Pop-Up «Libertine Kitchen: Brilliance of Bitterness»

Gäste im Pop-Up «Libertine Kitchen: Brilliance of Bitterness»

Der darauf folgende Hauptgang: Ein saftiger Schweinebauch, der mit seiner knusprigen Schwarte lauter Gästen ein «Mmh» oder «Ooh» entlocken konnte. Die dazu gereichten dünnen Scheiben von Cedro, auch Zitronatzitrone genannt, in Earl Grey und Ingwer eingemachten Aprikosen und gerösteten Chinakohlrübsen, die geschmacklich an Senf erinnern, harmonierten schweinisch gut.

Die zweite Ausgabe «Hands Down» fand mit Koch Simon Schneeberger vom GaultMillau-Neuling «Fritz Lambada» statt zum Thema «Essen mit den Händen». Dieses Wochenende veranstaltet Schälchli zusammen mit Gastköchin Margaretha Jüngling bereits die dritte Ausgabe «Patch Food». Thema: Zutaten und Gerichte von nah und fern frei kombiniert. Wer zukünftige «Libertine Kitchen»-Veranstaltungen nicht verpassen möchte, schaut am besten gleich online bei «Sobre Mesa» vorbei und trägt sich dort in den Newsletter ein.

Gastgeberin Laura Schälchli von «Sobre Mesa»

Gastgeberin Laura Schälchli von «Sobre Mesa»

 

Kontakt
Sobre Mesa
http://www.sobre-mesa.com/libertine-kitchen/

 

Infos
Jede Ausgabe ist mit einem anderen Koch

 

Preise
95 CHF für das Menü