London ist auch britische Food-Hauptstadt. Dank jungen Koch-Talenten und einem Potpourri aus Kulturen und Ideen, die dort aufeinanderprallen, gehört die Themse-Stadt zu den aufregendsten Food-Destinationen in Europa. Hier sind fünf moderne Klassiker, die sich in den letzten Jahren auf meinen Reisen immer wieder bewährt haben:
Egal wie oft ich nach London reise: Ein Stopp im «Lyle’s» (Titelbild) gehört zum Pflichtprogramm. Inhaber und Küchenchef James Lowe zelebriert hier eine moderne britische Küche mit den besten Zutaten, die die Saison gerade hergibt. Ein Highlight von meinem letzten Besuch vor zwei Wochen? Grillierte Miesmuscheln mit Cider-Butter-Sauce und Fenchelpollen – zum Schlürfen und Austunken gut! Auch die zart schmelzende Schweinskopf-Terrine mit eingelegten Artischocken war Weltklasse. Und immer auf dem Tisch: das hervorragende hausgemachte Sauerteigbrot mit leicht gesalzener Rohmilchbutter.
Es lohnt sich über Mittag vorbeizuschauen – dann besteht freie Wahl aus über 15 Gerichten, während sich das Abendprogramm auf ein fixes Vier-Gang-Menü beschränkt. Dank Tageslicht sowie hohen Fensterfronten entsteht ausserdem eine Oase der Ruhe und Entspannung im weissen Raum mit Industrie-Charme. Übrigens: Erst gerade eröffnet, gehört das Zweitrestaurant «Flor» von Lowe ebenfalls bereits zu den heissesten Adressen in London. Kein Wunder: Das Lokal ist wunderschön, befindet sich direkt im Borough Market und vereint Bäckerei, Weinbar und Restaurant unter dasselbe Dach.
Lyle’s, 56 Shoreditch High St, London E1 6JJ (Google Maps)
Flor, 1 Bedale St, London SE1 9AL (Google Maps)
Das «Black Axe Mangal» vis-à-vis der Station «Highbury & Islington» lässt sich kaum nur mit einem Satz umschreiben. Ausser: Ein Restaurant, das du mit niemandem über 50 besuchen solltest. Aus den Lautsprechern dröhnt Hip-Hop in ohrenbetäubender Lautstärke und die Gerichte kommen auf kleinen Blechtellern sowie in kleinen Plastik- oder Bambuskörbchen. Vor dem Holzkohleofen steht Lee Tiernan, der zuvor jahrelang als Küchenchef in der Londoner Institution «St. John Bread & Wine» arbeitete.
Das Motto der Küche? Mehr ist mehr. Sie bedient sich an der britischen Küche, aber ebenso an der türkischen und chinesischen. Dabei entstehen wilde, explosive Kombinationen wie in Nussbutter pochierter gesalzener Kabeljau mit Tomaten und XO-Sauce. Oder Lammkotelett mit verkohltem Spitzkohl an einer fermentierten Crevettenbutter und in Milch eingelegten Sardellen mit Nori. Das à la minute gebackene Sauerteig-Fladenbrot mit Lamm, Petersilie, Mayonnaise sowie eingelegten Zwiebeln und Chili ist ein Muss.
Black Axe Mangal, 156 Canonbury Rd, London N1 2UP (Google Maps)
«Fine Dining»-Optionen gibts in London wie Sand am Meer. Doch kein Restaurant in London präsentiert die hohe Kochkunst mit so viel Innovation wie das «Ikoyi» beim Piccadilly Circus. Geleitet von den Zutaten und dem Geschmack Westafrikas kreiert Jeremy Chan eine Küche, die keine afrikanischen Rezepte imitieren möchte, sondern mit Eigenständigkeit verblüfft und begeistert.
Die beste Visitenkarte dafür liefert das gleichzeitig fotogenste Gericht des Restaurants, das seit Beginn auf der Karte steht: Frittierte Kochbananen bedeckt von einem Salz aus getrockneter Himbeere und eine Emulsion aus Scotch Bonnet – eine Chilisorte, dessen Geschmack an Aprikose erinnert. Unvergesslich war auch die knusprige Terrine aus Cassava (Maniok), belegt mit Hummer, Kalbshirn und Sommertrüffeln. Oder der Jollof-Rice mit Krabbencreme und einer Paste aus Knoblauch, Ingwer und Chili – eine wahre Umami-Bombe.
Ikoyi, 1 St James’s Market, London SW1Y 4AH (Google Maps)
Aufgrund meiner Burger-Obsession habe ich mich schon durch fast alle nennenswerte Burger-Lokale in London durchgefuttert. Mein klarer Favorit? Die Prachtexemplare von «Bleecker». Sie würden selbst eine Person bekehren, die Burger verabscheut. Was sie auszeichnen? 50 Tage gereiftes Rindfleisch, das auf der Zunge zergeht und mit einem Aroma besticht, das an Nuss und Butter erinnert. Und ein weiches Sesam-Brioche-Brötchen. Dazu ein, zwei Scheiben «American Cheese» und eine zurückhaltende, auf Mayonnaise basierende Haussauce.
Das beste Verhältnis zwischen Brot und Fleisch bietet der «Double Cheeseburger» (ohne Speck). Und wer sich an den «Black Bleecker» wagt, auf den wartet zusätzlich noch ein gebratenes Stück Blutpudding zwischen den Burger-Patties!
Bleecker Bloomberg, 16 Bloomberg Arcade, London EC4N 8AR (Google Maps)
Bleecker Victoria, 205 Victoria St, London SW1E 5NE (Google Maps)
Bleecker Spitalfields, Old Spitalfields Market, London E1 6EA (Google Maps)
Das «P. Franco» in Clapton ist der Prototyp einer Weinbar. Dank einer überwältigenden Auswahl an Weinen, die sich Flasche für Flasche in den Wandregalen aneinanderreihen. Dank einem einzigen Tisch, der sich durch das ganze Lokal erstreckt und an dem alle Gäste aufeinandertreffen. Aber auch dank Gastköchen, die sich alle paar Monate abwechseln und auf zwei Induktionskochfeldern Gerichte zubereiten, die viele Londoner Restaurants vor Neid erblassen lassen.
Beispiele aus der Vergangenheit? Perlhuhn-Agnolotti «al brodo», Miesmuscheln mit 'Nduja, Tomaten und frittiertem Brot oder mit Fasan, Kastanien und Speck gefüllte Rosenkohlblätter. Die Weinbar ist ein ewiger Favorit unter Londoner Gastronomen, aber auch für Köche, die aus Paris, New York oder einer anderen Ecke der Welt anreisen. Clapton mag ein bisschen ausserhalb des Zentrums liegen, der Weg dahin lohnt sich aber definitiv.
P. Franco, 107 Lower Clapton Rd, London E5 0NP (Google Maps)