Von Zeit zu Zeit eröffnet in Zürich ein Restaurant, worüber alle bereits im Vorfeld sprechen und wo alle gleich hin möchten. Aktuell? Das «Silex» vis-à-vis des Bahnhofs Wiedikon. Kein Wunder – Küchenchef George Tomlin hat in London prominente Stationen hinter sich: Sous-Chef im Sternerestaurant «The Clove Club», bevor er der Wein-Bar «P. Franco» zum heutigen Kult-Status verhalf. In Zürich kennen ihn insbesondere Pop-up-Fans: «Action Burger», «Soif» und «Great Food House». Letzten November folgte nun sein eigenes Restaurant zusammen mit Julia von Meiss und Jean-Denis Roger. Stets im Zentrum von Tomlins «Silex»-Gerichten: verschiedenste Zutaten von hervorragender Qualität, wild und überraschend miteinander kombiniert. Kann das Restaurant die hohen Erwartungen zwei Monate nach Eröffnung auch sonst erfüllen?
Die Menükarte unterteilt sich in vier Kategorien: Snacks, kleine und grosse Teller sowie Desserts. Was sich während des Abendessens aber schnell zeigt: Sie verfolgt auch zwei unterschiedliche Ansätze. Einerseits hat Küchenchef Tomlin ein Händchen für simple, am oberen Salz-Limit abgeschmeckte Wohlfühl-Teller, andererseits beweist er mit aufwendigen Gerichten ein Feingespür für delikatere Aromen. Zwei Philosophien, die sich nicht immer sinnvoll ergänzen in einer Menü-Abfolge nach dem Sharing-Prinzip. Ein Trio, das zusammen passt? Lardo des edlen Mangalitza-Schweins auf getoastetem Sauerteigbrot mit Honig und eingelegten Bärlauchkapern. Das Lamm-Tatar mit Zwiebel-Dreierlei und gebeiztem Eigelb, wo Koji sowie ein Garum aus Kaffee und Rinderherzen als unsichtbare Geschmacksverstärker dienen. Und ein sättigender Teller hausgemachter Pappardelle mit einem «Ragù» vom Duroc-Schwein, das Tomlin mit Pouletleber und der fermentierten koreanischen Chili-Paste Gochujang weiter aufpeppt.
Im Gegensatz dazu beeindrucken die filigraneren Gerichte mit mehr Tiefgang, schmecken aber, als hätte ich kurz das Restaurant gewechselt. Der abgeflämmte Saibling mit schwarzem Rettich trumpft mit einer Velouté aus grillierten Fischknochen und Wermut, die Marroni-Haselnuss-Agnolotti mit einer kraftvollen Brühe aus gerösteten Pilzen, Portwein und Kombu – eine Hommage an den norditalienischen Klassiker «Tortellini in brodo». Auch die gebackenen Rüben mit gesalzenen Mandarinen und Felchenrogen lassen die Finesse der «Silex»-Küche aufblitzen und sind präziser – mit weniger Salz – abgeschmeckt als Tomlins «Wohlfühl-Gerichte». Das Ziel der zweigleisigen Menükarte ist klar: eine möglichst grosse Kundschaft anzusprechen. Eine Frage, die sich aber aufdrängt: Woher wissen neue Gäste, welche Gerichte ihren Bedürfnissen entsprechen? Das «Silex» ist eine vielversprechende Adresse, die noch ein bisschen Feintuning benötigt.
Abschliessend verdienen noch zwei weitere Dinge eine besondere Erwähnung. Erstens: Die «Silex»-Weinkarte! Sommelier Jean-Denis Roger hat eine der besten Weinkarten der Stadt zusammengestellt, die Wein-Fans jeder Gattung begeistern wird. Zweitens? Die Desserts. Das Jasminreis-Glace ist fantastisch, die Apfelterrine ebenso.
—
Kontakt
Silex
Freyastrasse 3
8003 Zürich
Tel. +41 44 210 30 30
https://www.silexrestaurant.ch/
Auf Google Maps anzeigen
Öffnungszeiten
Dienstag bis Sonntag, 18 bis 24 Uhr
Preise
Snacks 6-16 CHF, kleine Teller 15-21 CHF, grosse Teller 29-45 CHF
Empfehlungen
Mangalitza-Toast, Lamm-Tatar, Pappardelle, Saibling, Jasminreis-Glace