Fotos: Olivia Pulver
60 Suiten. Vierstellig. Günstig ist es hier nicht: Die 60 Zimmer und Suiten (ab 55 m2) kosten im Winter vierstellig. Aber die wohlhabenden Gäste sind gut drauf: Sie schätzen das intimste Fünfsterne-Hotel von St. Moritz, chillen mittags auf der spektakulären Sonnenterrasse, bestellen den High Tea zwischen zwei Cheminées in der «Bel Etage» und verziehen sich am Nachmittag in den Spa: Dreistöckig, zwei Pools, holistische Treatments. Auch General Manager Michael Lehnort ist gut drauf: Er hat last minute über die Festtage auch noch die «Penthouse Suite» vermietet: 386 m ², drei Schlafzimmer, 360-Grad-Sicht, fünf Balkone. Das spült 36’000 CHF in die Kasse. Pro Nacht. Grosses Bild oben: Die beiden Küchenchef Paolo Rota (l. Da Vittorio) und Salvatore Frequente (Grand Restaurant).
«Da Vittorio»: Der Italiener No. 1. St. Moritz zieht im Winter Weltklasse-Köche magnetisch an. Die ersten im Dorf waren Nobu Matsuhisa im «Badrutt’s Palace» und Cicco & Bobo Cerea im «Carlton». So langsam hat sich herumgesprochen, dass es in der Schweiz kein besseres Italo-Restaurant gibt als dieses «Da Vittorio». Schwager Paolo Rota führt die sehr kleine und sehr junge Brigade. Er wird im Stammhaus in Brusaporto bei Bergamo mit drei Sternen geratet, in St. Moritz kriegt er vom GaultMillau 18 Punkte. Stammgäste kennen das Codewort: «Carta Bianca». Heisst: Rota kann servieren, was er will. Highlights: Eine unglaubliche Interpretation des Italo-Klassikers «Coniglio e Polenta»: Chüngel-Ragout, Polenta-Espuma, Alba-Trüffel. Umami auf italienisch! «Tutto il buono del Piccione» ist ein weiteres Hammergericht: Brust, Schenkel, Leberli und Herz von der Taube. Und für den «Hangover» nach einer langen Nacht ist ebenfalls gesorgt: Zweifach marinierter White Cod, Latte di Tigre. Baut den Alkohol ab.
Der Paccheri-Fluch. «Da Vittorio» ist berühmt für «Il Pacchero», Pasta mit einer wunderbaren Sauce aus fünf verschiedenen Tomaten-Sorten. Dieser Gang wurde tausend Mal bestellt und millionenfach über Social Media abgefeiert. Jetzt wurden die Cereas Opfer des eigenen Erfolgs. Spätestens als die ersten Gäste im Luxusrestaurant einen Zweiertisch und «eine Portion Paccheri zum Teilen» bestellten, musste man über die Bücher. Die neuen Spielregeln: «Nur Paccheri» gibt’s nicht mehr. Aber integriert in ein kleines Menü kriegt man diese Kult-Pasta auf Nachfrage jederzeit. Noch etwas ist Kult: Die riesige Kiste, prall gefüllt mit wunderbaren Tartufi. Jetzt ist gerade Übergangssaison: Berge von den letzten weissen Knollen aus Alba, daneben die ersten schwarzen aus dem Périgord. Letzte «portata»: Der Cerea-Panettone. You can’t miss it!
Ein Hoch auf Salvatore. Executive Chef Salvatore Frequente ist nicht ganz so berühmt wie der Cerea-Clan – aber er ist für das Swiss Deluxe Hotel Carlton Gold wert. Er hat das «Grand Restaurant» nach jahrelangen Irrläufen zurückgeführt in den GaultMillau (16 Punkte). Er setzt auf Wunsch der Besitzerfamilie die nachhaltigen «Moving Mountains»-Menüs prima um, auch wenn karamellisierte Zwiebeln, Plant Based Engadiner Käse und «Variation von der Sellerie» nicht wirklich sein Ding sind. Ich orderte, was Salvatore besonders gut kann: Maggiore-Zander, liebevoll verpackt in eine Rettich-Rose. Carnaroli Risotto Gran Riserva, mit dunklem Bier, geduldig arrosierten Kalbsmilken und Sauerklee. Prima.
Fondue-Gondeln auf dem Parkplatz. Hotspot im Hotel: Die vier Fondue-Gondeln auf dem Parkplatz! «Sie sind fast immer ausgebucht, also gibt es Gäste, die bereits um neun Uhr morgens ein Fondue bestellen», staunt Executive Chef Frequente. Die Qualität stimmt: Den Käse für die verschiedenen Fondues (auch mit Champagner und Trüffel) liefert die Sennerei Pontresina, Bündnerfleisch und Salsiz für «Plättli» der Parpaner Kult-Metzger Jörg Brügger. Für Kids gibt es ein «Schellen Ursli»-Fondue.
Poncho-Time und Full Moon-Trips. Salvatore Frequente ist auch verantwortlich für die kleine Karte auf der grossen Sonnenterrasse: Engadiner Gerstensuppe, dreierlei Bowls, Schnitzel und Zürcher Geschnetzeltes oder einfach nur 100 Gramm Oscietra Kaviar. Mir imponierte die Ochsenschwanz-Consommé: Perfekte Bouillon, elegant geformte Ravioli. Weht der Wind, rückt der Service mit Wärmendem an: Carlton-Decken für den Herrn, Ponchos für die Damen. Für Fackelwandern, Eisbaden & Co. ist Outdoor-Butler Aleksandra zuständig; die romantische Vollmondwanderung ist der Hit im Angebot.
Foto Penthouse: Gian Giovanoli