«Auf dem Meer bin ich der Beste.» Auf der «Explora II» isst man besser. Das liegt am smarten Chef Franck Garanger, der in einer Boulangerie an der Loire aufgewachsen ist, später bei Stars wie Paul Bocuse, Alain Passard und Thierry Marx gearbeitet hat. Das liegt aber auch an seinem aufregenden Konzept. Was in den sechs zum Teil ambitionierten Restaurants serviert wird, kommt nicht wie üblich aus einer zentralen Küche im Bauch des Schiffs. Jedes Restaurant hat seine eigene Küche. Chef Franck ist der heimliche Star am Bord, hat den direkten Draht zu den MSC-Besitzerfamilien Aponte und Vago. «Ich habe Carte Blanche» freut sich Garanger. Und ein stolzes Budget: «Die Foodkosten dürfen 30 Prozent höher sein als bei der Konkurrenz.» Der Franzose ist seit 30 Jahren auf See (Silversea, Oceania), sprüht vor Ideen und leidet ganz bestimmt nicht unter fehlendem Selbstvertrauen: «An Land gibt es sehr viele berühmte Michelin-Chefs. Auf dem Meer bin ich der Beste.»
3,5 Milliarden für sechs Schiffe. Für die beiden Eigner Gianluigi Aponte und Pierfrancesco Vago ist beim «Projekt Explora» nur das Beste gut genug. MSC kann Cargo, MSC kann Massen-Kreuzfahrten. Aber jetzt will die Reederei No. 1 auf dem Weltmarkt das diffizile Segment Ultraluxus-Cruising erobern. Mit spürbarer Leidenschaft. Und mit 3,5 Milliarden Euro. So viel dürfen die sechs Jachten kosten, die in der «Fincantieri»-Werft in Sestri Ponente bei Genua gebaut werden. No. 2 war soeben auf Jungfernfahrt. Für Italien ein grosser Termin: Italiens Aussenminister Antonio Tajani und Admiral Nicola Carlone (schneeweisse Uniform, viele Orden an der Brust) waren bei der «Naming Ceremony» in Civitavecchia vor der Toren Roms dabei; auch an grimmigen Bodyguards fehlte es an Bord nicht.
Instagram-Pools und 67 Penthouses. Ein erster Augenschein auf der elegant geschnittenen «Explora II». «Fincantieri» hat ein richtiges Schönwetter-Schiff ausgeliefert, mit viel Platz, riesigen Liegen und Cabanas auf den Sonnendecks. Es gibt nicht wie üblich nur einen Pool, es gibt deren vier. Der magisch inszenierte «Astern»-Infinitypool auf Deck 5 im Heck wird ziemlich schnell zum Instagram-Star. Am «Helios» Pool auf Deck 12 ist es angenehm ruhig: Adults only! Verblüffend ist das Kabinen-Konzept: 371 «Ocean-Suites» sind gewissermassen die Einstiegsklasse, 35 m2 gross, klassisch-praktisch geschnitten, mit eleganten Badezimmern und Balkon (Richtpreis: 500 Euro pro Tag pro Person). Aufregend sind die 67 «Ocean-Penthouses» und die 22 «Ocean-Residences». Da gehören grosse Sonnenterrassen, Whirlpool zum Programm, und ein Butler steht rund um die Uhr stramm. Das Expeditionsziel ist klar: Die Highend-Passagiere sollen die Vorzüge eines grossen Schiffs geniessen (sechs Restaurants, 12 Bars und Lounges, Stabilität auch bei rauher See). Aber sie sollen sich fühlen wie auf einer privaten Jacht. Ruhe und Platz sind der neue Luxus.
Gamberi rossi, Pad Thai mit Hummer. Rein in die Restaurants: «Anthology» ist der Stolz des Chefs. «Italienische Produkte, französische Technik» sagt Franck Garanger und gibt fast drei Stunden lang Vollgas: «Riccordo del mare» mit Hummer, Oscietra Kaviar und grünem Apfel. Gamberi Rossi aus Mazara del Vallo, Jakobsmuschel-Cannelloni, Wolfsbarsch mit Arabica-Kaffee. Selbstdeklaration des Chefs: «Ein bis zwei Sterne.» Ein Abend im «Anthology» (mit Terrasse!) kostet auf dem All-inclusive-Schiff 140 Euro extra. Die Marketingabteilung hat dafür ein eigenartiges Wort gefunden: Erlebnisgebühr. Alle anderen kulinarischen Erlebnisse gibt’s zum Nulltarif, gilt auch für Champagner, Drinks und Wein. Empfehlenswert ein Lunch oder Dinner im Asia-Restaurant «Sakura». Zehn Köche schwenken die Woks, garen den Miso Black Cod oder veredeln den Klassiker «Pad Thai» mit Hummerfleisch.
Sushi, à la minute zubereitet! Chef Johnny aus Thailand ist der heimliche Star in der grossen Showküche. Er liess sich zum Sushimaster ausbilden, bereitet seine «Signature Sushi» à la minute zu. Eingekauft wird in der oberen Preisklasse: Otoro-Tuna für ein exzellentes «Bluefin Signature Sashimi», Yumepirika-Reis aus Hokkaido für die Sushi. Spannende Entdeckung im «Marble & Co.», dem Steakhouse auf dem Schiff. Auch helvetisches Simmentaler Rind liegt im Reifeschrank, es muss wirklich nicht immer nur Wagyu und US-Beef sein.
Live-Cooking statt Buffetschlacht. Und die Schlacht am kalten Buffet? Natürlich gibt’s auch auf der «Explora» ein All-day-Restaurant, aber Chef Franck Garanger hat für seinen «Emporium Marketplace» eine wunderbare Lösung gefunden: Live-Cooking an einem Dutzend Stationen, kein Dichtestress, alles frisch zubereitet. Renner sind die Outlets «Ocean Pearls» und «Fruits of the Ocean» mit Seafood und Sushi. Eindrücklich ist die Pasta-Show: Ravioli, Fusilli und Casarecce werden an Bord frisch zubereitet, die vielen Saucen ebenfalls. Italienische Köche sind an Bord, wissen, wie man Pasta al dente zubereitet. Für Vegis ist auch gesorgt: Sie treffen sich an der Station «Harvest Green». Kalorien und Kilos loswerden kann auf Deck 10: «Ocean Spa», «Ocean Fitness» (die neuesten Technogym-Geräte auf 270m2), Spinning Velos unter freiem Himmel, Pickleball.
Signora Serena ist der Käpt’n. Small talk mit dem Kapitän. Kleine Überraschung: Käpt’n und Master of Explora II ist eine Frau: Die unaufgeregt und diskret auftretende Italienerin Serena Melani. «Ich habe mir meinen Traum verwirklicht: Ich liebe das Meer und bin stolz, jetzt auf der Explora zu fahren.» La Signora steuert das Luxusyacht erst durchs Mittelmeer, dann in die Karibik. Das Vertrauen der 900 Passagiere und 620 Crewmitglieder hat sie.
Fotos: Michael Wolf, HO